Hamburg. Klarinettist Martin Fröst und NDR Elbphilharmonie Orchester begeistern im Großen Saal. Doch bei Strawinsky stimmte etwas nicht.

Nordamerikanische Städte sind wirklich reich gesegnet mit Stücken der Neuen Musik, die ihren Namen im Titel tragen und das Treiben auf ihren Straßen in Klang verwandeln. Steve Reich hat das mit „New York Counterpoint“ getan und der finnische Dirigent und Komponist Esa-Pekka Salonen widmete seiner langjährigen Wirkungsstätte Los Angeles die „L.A. Variations“, die das NDR Elbphilharmonie Orchester zum Auftakt seines Konzerts mit dem mexikanischen Dirigenten Carlos Miguel Prieto am Donnerstag in der Elbphilharmonie spielte. Und das in riesiger Besetzung, zu der sogar ein Synthesizer gehörte, der sich später gegen gewaltige Blechbläserakkorde behauptete.

Einer der vier besetzten Schlagzeuger hatte ein so großes Instrumentenarsenal mit Glocken und Marimba vor sich aufgebaut, dass er drei Notenständer brauchte, um von einem zum nächsten zu laufen, während er seine Noten immer mit sich führte und auf neuen Ständern platzieren musste.

Maestro Prieto hüpft in der Elbphilharmonie vor Enthusiasmus

Für ordentlich Groove sorgte auch der Solo-Pauker Stephan Cürlis nach einem Geigensolo, das einmal nicht der Konzertmeister, sondern der neben ihm sitzende Geiger spielen durfte. Maestro Prieto leitete all das mit weit, zuweilen auch nach hinten ausschlagenden Armbewegungen und sogar mal kleinen Hüpfern vor lauter Enthusiasmus.

Lebendig wie hier ging es danach mit Witold Lutoslawskis Tanzpräludien für Klarinette, Harfe, Klavier und Streicher weiter, für die der schwedische Ausnahmeklarinettist Martin Fröst als Solist gewonnen werden konnte. Er beanspruchte viel Platz auf dem Podium, weil er beim Spiel in weiten Schritten von recht nach links zu treten gewohnt ist, in die Knie ging und sich vielen NDR-Musikern ganz direkt zuwandte.

Elbphilharmonie: Dirigentenapplaus für Martin Fröst

Sein Ton und sein Fantasiereichtum etwa bei den kleinen Vorschlägen und rasenden Läufen des Allegro giocoso waren so begeisternd, dass der Dirigent unmittelbar nach dem letzten Ton des Stücks in die Hände klatschte. Mit Aaron Coplands Klarinettenkonzert aus dem Jahr 1948 war Fröst dann gleich noch mal zu bewundern.

Nicht wirklich überzeugend war am Ende dann aber Carlos Miguel Prietos Lesart von Igor Strawinskys „Petruschka“. Gerade die Jahrmarktszene zu Beginn war zu brav durchdirigiert und viele der von Strawinsky geschickt eingebauten Brüche verloren ihre Überraschungseffekte. Die Schwächen dynamischer Vielfalt glich er aber bei den späteren Sätzen wieder aus.