Hamburg. Véronique Elling widmete Gréco einen fulminanten Abend – und rührte zu Tränen. Was die beiden Sängerinnen miteinander verbindet.

Als Juliette Gréco am 5. Oktober 2020 im Pariser Künstlerviertel Saint-German-des-Prés in einem weißen Sarg zu Grabe getragen wurde, erwiesen ihr auch der frühere Präsident François Hollande und die französische First Lady Brigitte Macron die letzte Ehre. Frankreich trauerte um eine der bedeutendsten Chanson-Sängerinnen der Welt, die im Alter von 93 Jahren gestorben war.

Ein gutes Jahr später erinnert in der Laeiszhalle kein Bild, kein Video an Juliette Gréco. Doch ihre Musik, die lebt an diesem trüben Dienstagabend. Die Hamburger Sängerin und Schauspielerin Véronique Elling widmet Juliette Gréco ein ganzes Konzert. Mit ihren fulminanten Kollegen Henrik Giese (Klavier, Gitarre), Jurij Kandelja (Knopf-Akkordeon) und Amadeus Templeton (Violoncello) geht sie auf eine grandiose Zeitreise.

Konzertkritik: Elling zeichnet Aufstieg von Gréco nach

Allein fünf Lieder von Jacques Brel – darunter „Amsterdam“ und „Ne me quitte pas“ – hat Véronique Elling in ihr Programm aufgenommen. Denn gerade Brel hat Juliette Greco so verehrt. Doch auch andere Klassiker des französischen Chansons wie „Ma Liberté“ (Georges Moustaki) und „Accordéon“ (Serge Gainsbourg) dürfen an diesem Abend nicht fehlen.

Zwischen den Liedern liest Véronique Elling Passagen aus Grecos Autobiographie. Manche rühren zu Tränen, etwa wie Juliette, ein Mädchen noch, im besetzten Paris von Gestapo-Schergen verhaftet und geschlagen wird, ihre Mutter war im Widerstand gegen das Nazi-Regime. Elling zeichnet den Aufstieg von Juliette Gréco in die Pariser Bohème nach, ihre Faszination für Sartre, Beauvoir, Camus. Und so entsteht an diesem Abend das Bild einer Frau, die sich nie etwas gefallen ließ, gegen Rassendiskriminierung und für Gleichberechtigung kämpfte. Und die gerade in Krisen ihrer großen Liebe, dem Chanson, treu blieb.

„Le garçon tendre“: Ein Lied über Victor Elling

Wer Véronique Elling an diesem Abend erlebt, spürt so etwas wie Seelenverwandtschaft der beiden Sängerinnen, weit über ihren gemeinsamen Geburtsort Montpellier hinaus. Auch Véronique Elling singt über ihren Schmerz. „Le garçon tendre“, „Der zarte Junge“ ist ein Lied über Victor, ihren Sohn, der am 16. Oktober 2016 am Alsterufer von einem noch immer unbekannten Täter erstochen wurde. Geschrieben hat sie das Lied mit ihrem Lebensgefährten und musikalischen Begleiter Henrik Giese.

Nach zahlreichen Zugaben dankt Véronique Elling dem Publikum und dem deutsch-französischen Kulturfestival Arabesques. Die Organisatoren hatten Elling und ihre Band in die Laeiszhalle eingeladen. Eine wunderbare Idee.