Hamburg. Auf „So weit …“ besingt der Deutschrock-Steppenwolf den „Lockdown Blues“ und sorgt für einen so noch nie gehörten Moment.
Was macht ein Vollblutmusiker, wenn ihm nichts mehr bleibt außer dem, was er am besten kann? Auf sich allein gestellt, rastlos und unterfordert? Ein neues Album natürlich. Paul McCartney zum Beispiel hat auf seiner Farm im Alleingang sein Album „McCartney III“ eingespielt. Auch Peter Maffay hat sich in der Pandemie-Langweile Songskizzen und Ideen vorgenommen, um daraus „So weit …“ zu machen: Ein so nicht geplantes, aber seit vielen Jahren doch erträumtes Studioalbum als einsamer Steppenwolf, in dem trotz spartanischer Möglichkeiten mehr Maffay steckt denn je.
So ganz allein war Maffay dann doch nicht. J.B. Meiers übernahm den Großteil der Instrumente und bei den Texten halfen zwei Hamburger aus: Produzent Benni Dernhoff (Ina Müller, Udo Lindenberg, Revolverheld) und Maffays „Unplugged“-Gast und Tourbegleiter Johannes Oerding. Aber „wie ein Mosaik, das plötzlich Sinn ergibt“ fügt sich alles auch ohne Maffays seit Jahren und Jahrzehnten bewährte Band zusammen. „Wenn ein Vorhang fällt, geht ein anderer dafür auf.“
Freiheit ist seit Jahrzehnten ein beliebtes Maffay-Motiv
Mit dem Country-Einstieg „Jedes Ende wird ein Anfang sein“ wird der Grundton für „So weit …“ bestimmt. Zurückgelehnt, emotional, harmonisch, minimalistisch. Daran fügen sich auch „Wounded Knee“ und „Odyssee“ an, die wie Dachbodenfunde aus der „Eiszeit“-Vergangenheit Ende der 70er, Anfang der 80er klingen. Oden an den Freiheitsdrang, den Maffay besonders in den Zeiten des Kalten Krieges immer wieder beschworen hat.
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Nichts neues also beim Spielen des „Lockdown Blues“, wie eines der neuen Lieder heißt? Oh doch. Besonders interessant ist die vorletzte Ballade des Albums, „Wann immer“: Hier spielt Maffay das erste Mal in seiner fünf Jahrzehnte langen Karriere für alle hörbar elektrisches Piano, mühsam überredet von J.B. Meiers. Auch gesanglich holt er das Maximale heraus. Man darf gespannt sein, ob seine Fans das auch mal live erleben dürfen.
2020 spielte Maffay noch in Hamburg
Und zum Abschluss gibt es mit „Wir zwei“ noch den persönlichsten Moment des eh schon sehr intimen Albums. Ein Liebeslied für seine Freundin Hendrikje, ein schönes Geschenk geschmückt mit filigranen Gitarren und verschlepptem Schlagzeug, ein Lied wie Ausschlafen am Sonntagmorgen. „In einem Lied über mein Leben bis du die Zeile, die noch fehlt“ – aber die hat er ja jetzt geschrieben.
„Die letzte Show ist schon lange her“, singt er in „Lockdown Blues“. Nach Hamburg hat er es im Februar 2020 gerade noch geschafft. So weit, so gut. Aber dieser Mann und diese Songs gehören auf eine Bühne.