Hamburg. “Die Abrechnung“ im St. Pauli Theater: Bei der Premiere des neuen Programms von Kabarettistin Gerburg Jahnke gibt es viel zu lachen.

Für zündenden Humor braucht man in diesen Zeiten manchmal eine göttliche Eingebung. Die Kabarettistin Gerburg Jahnke (Ex-Missfits) hat sie. Die Premiere ihres neuen Programms „Die Abrechnung“ im St. Pauli Theater nimmt sich 45 ausgesprochen kurzweilige, kluge, komische Minuten, bis das Wort „Corona“ überhaupt einmal auftaucht – erwähnt von einem dionysischen Teufel mit Langhaarperücke im roten Anzug mit entblößter Brust.

Der Musikkabarettist Nito Torres als „Lucy“, also als sinnenfroher, eigentlich durch und durch männlich beschriebener Luzifer, hat in Gerburg Jahnke eine weiß gewandete, Schampus trinkende, spitzzüngige Gegenspielerin: Frau Gott. „Halleluja“ röhrt der Chor jedes Mal, wenn sie ihren Titel ausspricht aus dem Off wie eine hängengebliebene Schallplatte.

„Die Abrechnung“ im St. Pauli Theater – ein göttliches Vergnügen

Auch als Frau Gott arbeitet sich Gerburg Jahnke an ihren Lieblingsthemen ab. Den Gräben zwischen Mann und Frau. Den Problemen mit dem Geschlechtstrieb, der Kommunikation und allem anderen. Diesmal aber auf sozusagen göttlich überhöhter Ebene. Die Gottheiten, sie haben es gerade nicht leicht. Auch wenn auf der farbig erleuchteten Showtreppe bei nachdenklich-fröhlichen Liedern immer wieder gute Stimmung aufkommt. Auch dank des wortkargen, mühelos zwischen den Rolling Stones und Schlagern wechselnden Gitarristen Peter Engelhardt.

Die Lage im Himmel ist aber unter anderem musikalisch bedenklich. Die Neuzugänge „Costa“ und „Karel“ wurden von „Rex“ und „Roy“ schon erwartet, machen jetzt auf „New Kids On The Block“ und singen „Anita“ vierstimmig. Das eigentliche Problem bestehe aber darin, dass sie sie nicht in die Hölle abschieben dürfe, klagt Frau Gott. Gut, da gibt es womöglich Schlimmeres, aber die Pointen sitzen und das Publikum lacht viel, laut und befreit.

Buddha macht Diät, Allah will einen Mann retten

Auch die Telefonate mit anderen Gottheiten offenbaren Frau Gott wenig Erfreuliches. Buddha macht Diät, Allah will einen Mann retten. Ein Projekt, das sie eigentlich schon aufgegeben hatte. Also muss erst ein Taxifahrer – wiederum der vielseitige Nito Torres – als „normaler“ Gesprächspartner herhalten und die feinen Fiesheiten einer Paar-Gesprächsanalyse durchlaufen.

Jahnke erspart den Männern – und den Zuschauern – nichts. Genüsslich zerlegt sie ihre Begeisterung für Technik. Ihren Zwang zu „Sprechdurchfall und Erklärungstourette“. Sie wird dabei aber nie plump, bleibt fast liebevoll und balanciert immer auf dem feinen Grad von Ironie und Selbstironie. Der Humor in „Die Abrechnung“ erzählt durchaus bekannte Klischees im Geschlechterkampf oft unerwartet und wirkt deshalb so zeitgemäß wie zeitlos. Ein göttliches Vergnügen.

„Die Abrechnung“ Informationen unter www.st-pauli-theater.de