Hamburg. Originell und Original: Im Philharmoniker-Kammerkonzert wurde die 7. Sinfonie als Bläsernonett gespielt. Star ist der Konzertmeister.
Es hat Zeiten gegeben, da existierte die Tonkonserve noch nicht. Da war, wer ein Stück hören oder wieder hören wollte, auf leibhaftige Musiker angewiesen. Weil sich aber nicht jeder ein ganzes Sinfonieorchester in die gute Stube pferchen konnte, wurde manches Stück als Bearbeitung für Kammerensemble veröffentlicht.
Auch Beethovens Siebte ist noch zu seinen Lebzeiten in einer Fassung für Bläsernonett als sogenannte Harmoniemusik erschienen. Das Philharmonische Staatsorchester hat diese Taschen-Siebte auf das Programm seines Sonderkammerkonzerts im Kleinen Saal der Elbphilharmonie gesetzt. Beim Hören der Bearbeitung läuft die Tonspur des Originals unweigerlich im Kopf mit. Das hat seinen eigenen Reiz, die veränderte Instrumentierung beeinflusst nämlich die Gestalt des Stücks.
Fagotte murmeln und klopfen
In der langsamen Einleitung fehlt die Schärfe der von den Streichern wechselnd eingeworfenen, ach was, mit Hammerschlägen angenagelten Einzeltöne. Das nimmt dem Ganzen das offene Drama. Dafür murmeln und klopfen die beiden Fagotte und das extratiefe Kontrafagott anstelle der Celli und Kontrabässe.
Weil Blasinstrumente nun einmal nicht ganz so beweglich sind wie Streichinstrumente, fällt an den bedrohlichen Stellen im Vivace, das ist der Satz mit dem berühmten tänzerisch punktierten Dreierrhythmus, das Zittern der Streicher ersatzlos weg und mit ihm die nervöse Rasanz.
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Eine intime, fragende Siebte ist das. Die klangliche Vielfalt des Originals kann die Bearbeitung nicht bieten, so gut sie gemacht ist und so flexibel die Musiker zusammenspielen. Es teilt sich mit, dass sie tagein, tagaus miteinander im Graben sitzen; sie atmen und phrasieren mühelos gemeinsam. Trotz des eher dunklen Klangbilds – es sind keine Flöten beteiligt – klingt das Tutti nie wie eine Quetschkommode, orgelt nie nur vor sich hin. Im Gegenteil, es ist beglückend, wie sinnbewusst und aufmerksam das Ensemble musiziert. Dass dabei nicht alles von digitaler Glätte ist, macht das Live-Erlebnis erst interessant.
Star ist der Konzertmeister Seitzer
Nach der Pause folgt ein wirklich originaler Beethoven, nämlich sein Septett für Oboe, Fagott, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass. Im direkten Vergleich verblüfft es, wie sehr die unterschiedlichen Klangfarben Beethoven inspiriert haben müssen. Oft setzt er sie blockartig gegeneinander, jeder Bläser und die Geige bekommen Soli passend zum Instrument. Star ist mal wieder Konzertmeister Konradin Seitzer, der die halsbrecherische Geigenpartie mit Herz und Kopf über die Rampe bringt und den Laden qua Amt auch noch lässig zusammenhält. Hätten sich die Musiker nach der Pause nicht Beifall zwischen den Sätzen charmant verbeten, für Seitzer hätte es immer wieder Szenenapplaus geben dürfen. Nein, müssen. Was für ein hinreißender Vormittag.