Hamburg. Der CPE-Bach-Chor präsentierte ambitionierte Mahler-Arrangements, aber nicht alle Sänger überzeugten.
Beim Namen Clytus Gottwald bekommen viel Chorsänger und –sängerinnen glänzende Augen. Denn der 93 Jahre alte Komponist, Chorleiter und Musikwissenschaftler bereichert ihr Repertoire mit raffinierten, teilweise genialen Arrangements. Er bearbeitet Werke aus anderen Gattungen – vor allem Sololieder – und fächert deren Instrumentalbegleitung auf einen bis zu 16-stimmigen a-cappella-Klang auf. Dieses filigrane Geäst macht Gottwalds Transkriptionen zu einer ebenso reiz- wie anspruchsvollen Herausforderung, der sich auch einige ambitionierte Laienensembles stellen.
Der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor hatte für seinen Auftritt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie neun Gottwald-Bearbeitungen nach Stücken von Alma und Gustav Mahler ausgewählt und die Messlatte für sich selbst damit sportlich hoch gelegt. Unter Leitung von Hansjörg Albrecht beeindruckte das Ensemble vor allem mit seiner Sorgfalt, die einen langen Probenprozess erahnen ließ.
72-köpfiger Chor im Kleinen Saal
Obwohl die 72 Sängerinnen und Sänger in drei Reihen auf die ganze Breite der Bühnenrückwand verteilt waren und damit an den äußeren Enden ziemlich weit voneinander entfernt standen, erzielte Albrecht über weite Strecken eine erstaunliche Klarheit, sowohl rhythmisch als auch in der Intonation. Selbst heikle Stimmverwebungen wie im Arrangement von Gustav Mahlers „Die zwei blauen Augen“ – für das Gottwald eigentlich eine andere Aufstellung nahe legt - waren transparent abgebildet, die empfindlichen Akkorde in Alma Mahlers „Die stille Stadt“ meist sauber ausgehört und balanciert.
Bariton Roman Trekel irritierte mit kehligen Vokalen
Trotz dieser für ein Ensemble ohne Berufssänger bemerkenswerten Qualitäten, reichte der Auftritt nicht an das klangliche Niveau von professionellen Projekt- und Vollzeitchören heran; deshalb konnte die Musik ihren ganzen Zauber nur selten entfalten. Aber die immense Disziplin war unverkennbar, auch wenn der Chor sich setzte und – wie das Publikum – hochkonzentriert zuhörte.
Zwischen den drei Chorblöcken sang der Bariton Roman Trekel die Rückert-Lieder und die Kindertotenlieder von Mahler, jetzt mit Hansjörg Albrecht als wachem Klavierpartner. So richtig überspringen wollte der Mahler-Funke auch hier nicht, weil Trekel mit merkwürdig kehligen Vokalen irritierte und dem Facettenreichtum der Stücke kaum gerecht wurde. Nur im wohl berühmtesten Lied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, als er auch seine Noten mal zuklappte, wurde die Interpretation freier und deutete mehr Nuancen an.
Hörer bleiben distanziert zurück
Insgesamt ließ das Konzert seine Hörer etwas distanziert zurück und wurde dem Niveau der Werke nicht immer gerecht – auch wenn der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor am Ende noch einmal mit einer Bearbeitung von Mahlers Adagietto aus der fünften Sinfonie als vokales Orchester in Erscheinung trat und für seine Leistung zurecht gefeiert wurde.