Hamburg. Die Band wurde vom ersten Ton an gefeiert. Doch bei Outfit und Auftritt hätte Frontmann Jay Kay sich etwas mehr Mühe geben können.
Licht kann er auch. Beim ersten von nur zwei Deutschland-Konzerten in Hamburg und Köln überwältigt Jason „Jay“ Kay, Sänger und Kopf von Jamiroquai, sein Publikum nicht nur mit seinem Acid-Jazz-Funk, sondern auch mit einer überragenden Lightshow. „Automaton“ ist der Titel von Jamiroquais jüngstem Album und er gab auch der Tournee den Namen. Die Projektionen, überwiegend in Grün, wirken, als säße man in einem überdimensionalen Rechenzentrum, in dem Millionen von Prozessen parallel ablaufen und der Planet Erde gesteuert wird. Automatisch.
Die Menschen auf der Bühne haben mit diesem futuristischen Blinken und Flackern nichts zu tun, sie sind Musiker aus Fleisch und Blut mit richtigen Gitarren um den Hals und hinter Trommeln und Becken. Mitten drin Jay Kay mit einer leuchtenden Kopfbedeckung, die an einen eisernen Häuptlingsschmuck erinnert. Bei seinem Bühnenoutfit hat der Brite sich nicht ganz so viel Mühe gegeben. Trainingsanzüge, wie er ihn trägt, sieht man öfter bei bildungsferneren Männern, wenn sie ihre Kampfhunde Gassi führen.
Jay Kays Tanz erinnert an Aufwärmübungen eines Schwergewichtsboxers
Aber der Bühnendress ist bei dieser Show nebensächlich, es geht um den richtigen Groove und der stimmt vom ersten Song an. Mit „Shake It On“, der besten Nummer von „Automaton“, beginnt das zweieinhalb Stunden lange Konzert. Die etwa 8000 Zuhörer, die meisten aus den Generationen Ü 40 und Ü 50, feiern den Sänger, seine siebenköpfige Band und die drei Backgroundsängerinnen vom ersten Ton an.
Bei der zweiten Nummer „Little L“ vom Album „A Funk Odyssey“ erheben sich die Fans auch auf den Rängen aus ihren Sitzen und verwandeln die große Halle in eine Riesen-Disco. Auch Jay Kay tänzelt über die Bühne, dynamisch erinnert es etwas an die Aufwärmübungen eines Schwergewichtsboxers. Kollegen wie Mick Jagger oder Herbert Grönemeyer zum Beispiel geben bei ihren Shows deutlich mehr Gas, um die Fans zu animieren und das, obwohl sie 26 bzw. 13 Jahre älter sind als der 1969 in London geborene Kay.
Sein Mix aus Soul, Jazz und Funk zündet immer noch
Doch Jamiroquai funktioniert als Band. Jay Kay kann sich auf die Bande um den Keyboarder Matt Johnson oder die beiden Schlagzeuger Derrick McKenzie und Solá Akingbolá verlassen. Sie sorgen für den nötigen knochentrockenen Groove seiner Funk-Stücke. Jamiroquai präsentiert eine Auswahl aus seiner gesamten Karriere, die 1993 mit „Emergency On Planet Earth“ begonnen hat. Die Mehrzahl der 16 Songs stammt von den Alben „Travelling Without Moving“ aus dem Jahr 1996 und „A Funk Odysssey“ (2001). Mit „Alright“ und „Space Cowboy“ packt Jay Kay bereits ein paar Hits in den ersten Teil des Abends, zum Ende hin wird es ein richtiges Kracher-Fest mit „Cosmic Girl“, „Canned Heat“, „Love Foolosophy“ und im Zugbenteil mit „Virtual Insanity“ und „Deeper Underground“.
Das ist der Sound, zu dem die Zuhörer in den 90ern in den Clubs abgetanzt haben Es schwebt etwas Nostalgie über den Köpfen der Tanzenden, und so mancher wird sich an Abi-Partys und Club-Nächte erinnern, bei den Jamiroquai vor mehr als 20 Jahren der coolste Beat auf Erden war. Jay Kays Bart fängt an grau zu werden, der bequeme Trainingsanzug verdeckt seinen Bauchansatz, aber sein Mix aus Soul, Jazz und Funk zündet immer noch. Ein Zuschauer mit einer „Breaking Bad“-Kreissäge auf dem Kopf bringt es auf den Punkt: „Mega!“