Hamburg. Titularorganistin Iveta Apkalna spielte im Großen Saal Werke von Sofia Gubaidulina, György Ligeti und Bronius Kutavičius.

Das Staunen über den Klang, über die Vibrationen des Schalls, die die Luft erzittern und manchmal auch den Boden beben lassen: diese Urerfahrung des Musikhörens triggert vielleicht kein Instrument so stark wie die Orgel. Das ist in der Elbphilharmonie besonders schön zu erleben.

Wenn das Binnenleben des Klais-Instruments golden und geheimnisvoll durch den Prospekt an der hinteren Wand in den Saal hinein schimmert, während ein Spotlight den Spieltisch im Zentrum der Bühne beleuchtet, entsteht ein Mix aus Magie und Nahbarkeit, der die Hörer auch bei vermeintlich „schwieriger“ Musik unmittelbar packt. So wie bei der Matinee von Iveta Apkalna am Sonntagvormittag.

Angelehnt an ihre CD „Light Dark“, spielte die Titularorganistin der Elbphilharmonie ein Programm, das sich ausschließlich auf Werke des 20. und 21. Jahrhunderts fokussierte und dabei einen faszinierenden Kontrastreichtum auslotete. Vor allem im Titelstück „Hell und Dunkel“ von Sofia Gubaidulina, in dem sich grelles Flirren und dunkles Wummern begegnen, anzusaugen und wieder abzustoßen scheinen, und in György Ligetis „Volumina“ von 1962.

Spiel wie unter Starkstrom

Wie unter Starkstrom gesetzt, rutschte und zuckte die Organistin da auf der Orgelbank hin und her, trat tausendfüßlerisch in die Pedale und traktierte die vier Manuale mit beiden Unterarmen, um uns Ligetis Clustersounds in die Ohren zu fräsen. Eine beeindruckende Performance – unterstützt von Apkalnas Kollege Thomas Cornelius –, die einem die Nackenhärchen zu Berge stehen ließ und den Saal mit einer überwältigenden Klangintensität füllte. Kein Wunder, dass die Plätze vor dem Orgelprospekt bei solchen Konzerten trommelfellschonend frei gehalten werden.

Aber Ligeti kann natürlich auch ganz anders. Die erste seiner zwei Etüden klingt wie der Filmmusikteppich einer sedierten Dampflok, die schwerelos und in Zeitlupe durchs Weltall schwebt. Der Auftakt zu einer deutlich ruhigeren zweiten Hälfte, mit meditativen, bei Kutavicius’ Sonate allerdings mitunter fast etwas einschläfernden Momenten. Trotzdem: ein weiterer fulminanter Auftritt von Apkalna und dem aufregenden, unglaublich vielfältigen Instrument namens Orgel.