Hamburg. Das spanische Quartett Cuarteto Casals brachte die Besucher beim Gastspiel im Kleinen Saal in der Laeiszhalle zum Staunen.
Joseph Haydn war ein kompositorischer Fuchs, auch wenn er musikalisch mit Vögeln gespielt hat. Im C-Dur-Quartett aus seinem epochemachenden Zyklus op. 33 lässt er die erste Geige gleich zu Beginn in hoher Lage so auffällig tschilpen, dass sich für das Werk schnell der Beiname „Vogelquartett“ eingebürgert hat. Wie kunstvoll Haydn solche Klangeffekte zu immer neuen Varianten umformt und als Motivmaterial für einen ganzen Satz nutzt, wie er heitere und ernste Momente zu einem geistreichen Dialog verzahnt, zeigt derzeit vielleicht kein anderes Ensemble so lebendig und plastisch wie das Cuarteto Casals.
Beim Gastspiel des spanischen Quartetts im Kleinen Saal der Laeiszhalle hörten und staunten den Besucher, darunter selbst viele ambitionierte Kammermusiker: über den Hell-Dunkel-Kontrast zwischen tiefen Saiten und dem zwitschernden Geigenduett im Scherzo, über die pincettenhafte Präzision, mit der die Streicher selbst allerkleinste Schlenker exakt übereinander legen. Und nicht zuletzt über das spritzige Tempo im Presto-Finale, das den oft zitierten Witz des Komponisten hervorkitzelte.
Lauter zarte Stiche ins Herz
Die maßstabsetzende Haydn-Interpretation war der Auftakt zu einem rundum beglückenden und inspirierenden Abend. Mit der stilistischen Breite des Programms demonstrierte das Cuarteto Casals zugleich den State of the Art in puncto Wandlungsfähigkeit.
Werke aus der klassischen Zeit und früheren Epochen spielen die vier Streicher mit historischen Bögen, die eine besonders feine Artikulation ermöglichen. In Verbindung mit der vibratoarmen Tongebung erzielen sie so eine außergewöhnliche Klarheit und Transparenz. Die kommt nicht nur der Musik von Haydn, sondern auch den Fantasien von Henry Purcell zugute, in deren letzter das Cuarteto Casals aus der Stimmführung atemberaubende Dissonanzen heraus schälte. Lauter zarte Stiche ins Herz. Ein kontrollierter Schmerz, der süchtig machen kann.
Cuarteto Casals mit einer wachen Kommunikation und spontanen Ideen
Beim Repertoire des 19. und 20. Jahrhunderts streicht das Ensemble dagegen mit modernen Bögen, die mehr Druck und damit einen größeren, satteren Sound ermöglichen. So, wie ihn das dritte Quartett von Béla Bartók fordert, im Mix aus filigraner Polyphonie und Passagen von orchestraler Opulenz, aber auch das einzige Quartett von Claude Debussy, mit seinem impressionistischen Farbzauber. Dort gönnte sich das Cuarteto Casals immer wieder Zeit, um aus dem Metrum auszubrechen und die dichten Harmonien des Stücks mit kleinen Zäsuren zu durchlüften. Dabei beeindruckte das Ensemble mit seiner traumwandlerischen, in 22 Jahren Quartettleben gefestigten Sicherheit des Zusammenspiels. Sie ist jedoch nicht zur Routine erstarrt, sondern legt die Basis für eine wache Kommunikation und spontane Ideen. So muss es sein.
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