Hamburg. Bei dem All-Star-Kammermusikabend im Kleinen Saal in der Laeiszhalle wurde es schwungvoll, ernst, mitreißend und intensiv.

Was tun vier Solisten, wenn man sie zusammenspannt und auf Gustav Mahlers Klavierquartettsatz loslässt? Sie schnauben, schütteln ihre Mähnen und galoppieren durch das jugendlich-romantische und so ganz unmahlerhafte Werk wie eine Herde junger Vollblüter. So geschehen im Kleinen Saal der Laeiszhalle bei dem All-Star-Kammermusikabend mit der Geigerin Alina Ibragimova, dem Bratscher Nils Mönkemeyer, dem Cellisten Christian Poltéra und dem Pianisten William Youn.

Ein wenig hätten die vier die Dynamik noch ausdifferenzieren können. Aber das Ganze hatte einen Schwung und einen Sog, als würden die Beteiligten samt Publikum gleich abheben.

Solisten in der Laeiszhalle: Romantische Vollfettstufe für Mahler

Das Faszinierende an Ibragimova ist ihre stilistische Vielseitigkeit. Sie spielt Zeitgenössisches genauso überzeugend wie Alte Musik und die dann gerne mit Barockbogen und Darmsaiten. Für Mahler durfte es die romantische Vollfettstufe sein, für das g-Moll-Klavierquartett von Mozart wählten Ibragimova und ihre Partner allerdings keinen reinrassigen Originalklang, sondern jenen gemischten Stil, der heute gleichsam den Mainstream bildet: hier ein paar fadengerade Töne und sprechend artikulierte Figuren, dort dann aber auch gern das große Vibrato. Höchst lebendig wirkte das und war hauchfein gearbeitet.

Pianist William Youn (Archivbild).
Pianist William Youn (Archivbild). © imago/Stephan Wallocha

Die drei Streicher reichten einander die Motive an, wechselten geschmeidig zwischen Führung und Begleitung und phrasierten wie aus einem Guss. Youn brachte das Klavier zum Singen und lauschte der Musik die Übergänge und Stillstandsmomente ab, in denen Mozart die Tür zum Jenseits öffnete.

Intensität, die einem das Herz bricht

Noch ernster, ja pechschwarz ist das Klavierquartett c-Moll von Brahms. Schon der Anfang des Stücks mit seinen Seufzern und abwärts ins Nichts führenden Phrasen ist eine einzige Verneinung, erst im dritten Satz schimmert mit der Cellokantilene so etwas wie Wärme durch.

Über fast 20 Jahre erstreckte sich der Kompositionsprozess, und was Brahms dabei durchgemacht haben mag, davon erzählten die Musiker mit ihrem Zusammenspiel in einer Intensität, dass es einem schier das Herz brach. Wie gut, dass sie als Zugabe noch das zauberhaft innige Andante cantabile aus dem Klavierquartett von Schumann spielten. Ein großartiger, ausbalancierter Abend.