Hamburg . Der 69-Jährige versprach dem Publikum einen intimen Abend – mit Streicherinnen auf der Bühne und seinem bekannten Partykracher.

Es scheint, als könne er nicht glauben, dass auch er es in die Elbphilharmonie geschafft hat. Die er doch wegen ihrer immens hohen Baukosten heftig kritisiert hat. Doch nun darf Joachim Witt ein Konzert in dem mächtigen Konzerthaus geben. Zwar nur im kleinen Saal, doch Witt ist ergriffen vom Ambiente des Raums.

Seinen Fans verspricht er am Freitag einen intimen Abend, „ein bisschen wie Weihnachten“, sagt er, doch Weihnachtslieder hat der Sänger, der im Februar 70 wird, nicht im Repertoire. Ein normales Joachim-Witt-Konzert mit Rockband und Elektronik ist es jedoch auch nicht. Fünf Streicherinnen sitzen hinter auf der Bühne, ein Schlagzeuger, ein Keyboarder und sein musikalischer Direktor Ruben Roeh an der Gitarre komplettieren das Line-up. Roeh hat auch die Arrangements für den „Klassik Art“-Abend geschrieben.

Romantisch, knapp am Kitsch vorbei

„Mit jetzt und ehedem“ vom Album „Bayreuth 2“ eröffnet Witt den zweistündigen Abend. Durch die Streicherinnen kommt die Version weniger hart rüber als die Studioaufnahme. Die neueren Songs von Witt, der sich stilistisch irgendwo zwischen Gothic, Metal und der sogenannten Neuen Deutschen Härte bewegt, klingen romantischer und schrammen manchmal knapp am Kitsch vorbei.

„Eine Schnulze nach der anderen“, bemerkt er selbstironisch nach „Ich will leben“. Mit seinem langen weißen Rauschebart erinnert Witt inzwischen an die Märchenfigur, deren Name dem aktuellen Album den Titel gegeben hat: „Rübezahl“. Die Mehrzahl der Songs aus der Setliste wie „Goldrausch“, „Dämon“, oder „Wenn der Winter kommt“ stammen von dem vor knapp einem Jahr veröffentlichten Werk.

Witt muss Peter Heppners Gesangspart übernehmen

Seine größten Hits dürfen an diesem für Witt besonderen Abend in seiner Heimatstadt nicht fehlen. Vor der Pause bekommt er viel Beifall für „Gloria“, das in den 90er-Jahren Anlass für eine Kontroverse zwischen ihm und dem Bundeswehrverband sorgte, weil im Video zum Lied Soldaten bei der Vergewaltigung einer Frau gezeigt werden.

Seinen größten Erfolg „Die Flut“ kündigt er mit der Bemerkung an: „Heppner ist auf Tour.“ Ein Duett mit dem Dark-Wave-Sänger wird es also nicht geben und Witt muss Peter Heppners Gesangspart mit übernehmen, was gut gelingt. Wenn auch nicht so oft verkauft wie das düstere „Die Flut“, aber mindestens genauso bekannt ist Witts erster Hit „Der goldene Reiter“ aus dem Jahr 1980.

„Der goldene Reiter“ – bis heute ein Partykracher

Damals feierte die Neue Deutsche Welle Triumphe und Witt wurde schnell dazugezählt, obwohl er sich im Kreis von Hubert Kah, Fräulein Menke und anderen Eintagsfliegen nicht sehr wohl gefühlt haben mag. Mit seinem in die Füße gehenden Rhythmus ist „Der goldene Reiter“ bis heute ein Partykracher.

In der Elbphilharmonie möchte Witt nicht, dass seine Fans aufstehen, die Arme in die Luft werfen und aus dem melancholischen Abend eine fröhliche Feier machen. Ruben Roeh hat in der aktuellen Bearbeitung das Tempo herausgekommen, so dass niemand auf die Idee kommt zu tanzen. Mit „Und wieder bin ich nicht geflogen“ als Zugabe endet Witts Elbphilharmonie-Konzert. Der Künstler selber wird ein anderes Gefühl gehabt haben, denn seine Fans feiern ihn minutenlang frenetisch.