Hamburg. In einem Pariser Krankenhaus überschlagen sich die Ereignisse: „In den besten Händen“ spiegelt die Seele der Grande Nation wider.
Nach diesen überaus turbulenten 99 Minuten in der Notaufnahme eines Pariser Krankenhauses fragt man sich schon, wer hier der pflegebedürftigste Patient ist: die bourgeoise Zeichnerin Raf (Valeria Bruni-Tedeschi), die sich eine üble Verletzung am Ellenbogen zugezogen hat? Der wütende Fernfahrer Yann (Pio Marmaï), der während einer Gelbwesten-Demonstration mit Granatensplittern am Bein eingeliefert wird?
Die aufopferungsvolle Krankenschwester Kim (Aïssatou Diallo Sagna), die ihre sechste Nachtschicht hintereinander schiebt, weil sie ihre hoffnungslos unterbesetzte Station nicht im Stich lassen will? Oder doch Frankreich, das sich offenbar bei der Wahl zwischen Le Pen und Macron nur das kleinere Übel aussuchen kann. Und am Ende des Films viele an Leib und Seele Verwundete hinterlässt.
Zwischen Beziehungsstreit und politischen Diskussionen
So oder so gibt Catherine Corsinis wunderbarer, oftmals temporeicher, bisweilen brüllend komischer Ensemblefilm „In den besten Händen“ aus einer Nacht im Jahre 2018 einen Einblick ins marode Sozialsystem mit überforderten Ärzten und Schwestern, zusammengeprügelten Demonstranten, auseinanderbrechenden Familien.
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Was als privater Beziehungsstreit zwischen Raf und Freundin Julie (Marina Foïs) beginnt, steigert sich in der überfüllten Notaufnahme zu hitzigen Debatten über politische Positionen zwischen bourgeoiser Selbstgefälligkeit („Ich bin früher mit meinen Eltern auf Demos gegangen“) hier und wütendem Proletarier („Warum werden wir wie Scheiße behandelt?“) dort, während Wunden bluten, ein Verrückter eine Geisel nimmt, das Tränengas der Gelbwesten-Demos in die Notaufnahme dringt.
Ein Film, der den Bruch der Gesellschaft widerspiegelt
Das ist alles nicht nur symbolisch. Es ist auch faszinierend zu sehen, wie sich im Laufe der Handlung die Geschichten verdichten, starke Schauspieler von der leidenschaftlichen Valeria Bruni-Tedeschi bis zur gelassenen Aïssatou Diallo Sagna wohltuende Ankerpunkte setzen und sich die Notaufnahme zunehmend als facettenreicher Spiegel einer kranken Nation erweist.
Nur der versöhnliche deutsche Titel führt in die Irre. Da passt der Originaltitel besser: „La Fracture“ – der Bruch. Denn Catherine Corsini filmt mitten in diesen hinein.
„In den besten Händen“ läuft im Studio und in der Passage.