Jodie Foster widmet sich in ihrem neuen Werk „Money Monster“ der globalen Finanzkrise. Heute gibt es Previews in Hamburg.
Gerade erst hat sie in Cannes zwischen George Clooney und Julia Roberts auf dem roten Teppich gestanden. Nun war Jodie Foster in Berlin, um auch hier ihren neuen Film vorzustellen. „Money Monster“, der am Donnerstag ins Kino kommt, handelt von einem TV-Star (Clooney), der in seiner Finanzshow heikle Börsentipps gibt. Bis ein Anleger (Jack O’Connell), der dadurch ruiniert wurde, den Moderator vor laufender Kamera als Geisel nimmt.
Hamburger Abendblatt: Was hat Sie daran gereizt, einen Thriller über die Finanzkrise zu drehen?
Jodie Foster: Als das Projekt an mich herangetragen wurde, hat noch jeder gesagt, das kann ja nur eine Satire sein. Die Wirklichkeit hat leider gezeigt, dass es anders ist. Ursprünglich spielte das Ganze nur im Fernsehen. Wir haben dann lange daran gearbeitet und das globale Finanzwesen mit hineingetan.
Dann war es vielleicht einmal von Vorteil, dass ein Filmdreh so lange dauert? Weil er dadurch immer aktueller wurde?
Foster : Na, so lange war’s auch wieder nicht. Da habe ich an anderen Filmen noch viel länger gearbeitet. Es dauerte ein paar Jahre, bis ich mit an Bord war. Dann hat es natürlich gedauert, bis das Skript fertig war. Und dann musste man den Film besetzen. Als George zusagte, ging es aber ziemlich schnell.
Wie haben Sie ihn dazu gebracht, mit Goldzylinder, dicker Dollarkette und Dance Girls ein Tänzchen auf dem Parkett des Finanzmarkts hinzulegen?
Foster : Das hat er selbst vorgeschlagen. Als es darum ging, wen man in dieser Rolle besetzen sollte, war er der Erste, der mir in den Sinn kam. Wer sonst könnte einen solchen Charakter spielen, der ja eigentlich nicht sympathisch, eher schmierig und zynisch ist, der seine Würde verliert und bei dem man dennoch bei der Stange bleibt?
Die Regisseurin seiner TV-Show spielt Julia Roberts. Stimmt es eigentlich, dass Ihnen damals ihr Part von „Pretty Woman“ zuerst angetragen wurde?
Foster : Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich höre das auch immer wieder, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern.
Wie sehr kennen Sie sich in der globalen Finanzwelt aus?
Foster : Ich habe natürlich eine Menge gelesen. Aber ich kenne das auch aus eigener Erfahrung. Mein erster Regiefilm „Das Wunderkind Tate“ wurde wie „Das Schweigen der Lämmer“ von Orion produziert, die im selben Jahr, als mein Film herauskam, bankrott ging. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich musste da plötzlich nach Alternativen suchen und mich zwangsweise einfuchsen. Natürlich ist das alles total verwirrend. Aber es soll ja auch verwirrend sein, damit die, die diese Verwirrung steuern, noch mehr davon profitieren.
Würden Sie Ihren Film politisch nennen?
Foster : Ich bin kein politischer Mensch. Alles, was ich will, ist Filme machen. Aber ich will schon Filme machen, die relevant sind und den Leuten die Augen öffnen. Ich denke, das tut der Film.
Die meisten Filme, die von der Finanzkrise handelten, „The Wolf of Wall Street“, „Margin Call“ oder „The Big Short“, zeigten die Welt der Banker, also der Täter. Hat Sie das an dem Stoff gereizt: einmal die Opfer, die Verlierer zu zeigen?
Foster : Wir zeigen schon alle Seiten. Aber ja, im Zentrum steht ein Jedermann, der sein ganzes Leben hart für sein Geld geschuftet hat, der einmal investiert in eine Sache, von der ihm gesagt wird, dass sie vollkommen sicher sei, und über Nacht ruiniert ist. Es gibt aber auch Filme wie etwa „99 Homes“, der auch dieses Jahr herauskam und Verlierer der Immobilienkrise zeigt.
Der kam bei uns aber nur auf DVD heraus. Die Welt der Täter ist offensichtlich reizvoller für einen Kinostart.
Foster : Die Finanzwelt ist heute mehr in den Nachrichten als früher. Es hat doch ständig eine neue Blase und einen neuen Crash gegeben. Wir haben seit 2008 viele Regulierungen, um eine neue Finanzblase zu verhindern. Das zwingt die Leute, woanders nach ihrem Profit zu suchen. Das passiert gerade weltweit, und das ist wirklich gefährlich.
Ist es nicht eigentlich erstaunlich, dass die Opfer dieser Crashs nicht viel häufiger, so wie in Ihrem Film, aufbegehren?
Foster : Es geht im Film um eine Computerpanne. Das ist ein unerklärliches Phänomen. Vor einigen Jahren legte eine technische Panne die Stromversorgung der Ostküste für zwei Tage lahm. Bis heute weiß keiner, wie das geschehen konnte. Und vor drei Jahren traf es die Börse in Chicago, da gingen in neun Minuten Milliarden Dollar verloren. Wir erleben das immer häufiger, weil unsere Welt zunehmend von Technologie gesteuert wird. Nur versteht das keiner, es gibt auch niemanden, gegen den man protestieren kann. Das passiert auch häufiger in Ländern, die politisch instabil sind. Was wird dann passieren?
Sie haben kürzlich in der „New York Times“ gesagt, Sie hätten immer noch Versagensängste. Wie kann das sein, nach all den Jahrzehnten im Geschäft?
Foster : Nun, es ist da. Aber das kann ja auch eine gute Motivation sein. Ich empfinde Selbstkritik nicht als etwas Schlechtes, es treibt dich an, dich zu hinterfragen, besser werden zu wollen.
Sie sind erfolgreich als Schauspielerin und Regisseurin. Dennoch haben Sie gerade in Cannes geklagt, dass man Regisseurinnen immer noch als großes Risiko einstuft.
Foster : Nun, ich bin da wohl nicht repräsentativ. Ich bin stärker im System verankert als die meisten. Aber meinen ersten Regie-Film habe ich nur gestemmt, weil ich ohne Gage gespielt habe. Es war nett von den Geldgebern, mich zu unterstützen, aber sie hätten nicht viel Geld verloren, das Risiko war also gering. Ich habe über die Jahre viele Kontakte geknüpft. Meine Geschichte ist nicht vergleichbar mit all den jungen Frauen, die von der Filmhochschule kommen und Regie führen wollen.
Sie stehen immer seltener vor der Kamera. Geben Sie Ihre Schauspielkarriere allmählich zugunsten der Regie auf?
Foster : Nein, das werde ich nie aufgeben. Aber es stimmt, ich konzentriere mich immer mehr auf Regie. Meine Kinder sind jetzt älter, die brauchen mich nicht mehr so stark. Die Zeit ist also reif, wieder mehr zu machen.
„Money Monster“ ab 26.5. im Kino. Previews heute im Abaton (20.30, O.m.U.), Cinemaxx Wandsbek (20.15), Harburg, (20.15), Dammtor (20 Uhr). Eine ausführliche Kritik steht am Donnerstag in LIVE