Berlin. Die Filmproduzentin Regina Ziegler („Weissensee“) wird beim Deutschen Filmpreis mit der Lola für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Wenn am Freitag in Berlin die Deutschen Filmpreise verliehen werden, kann sich eine Frau entspannt zurücklehnen. Sie braucht nicht zu bangen, denn sie hat ihre Auszeichnung schon sicher. Regina Ziegler bekommt die Lola für ihr Lebenswerk. Die Produzentenlegende steuert seit mehr als vier Jahrzehnten ihre Firma erfolgreich durch das Haifischbecken Medienbranche mit zahlreichen Fernseh- und Kinoproduktionen.
Die Frau mit dem Faible für die Farbe Rot hat schon zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Das Museum of Modern Art in New York ehrte sie gar mit einer Retrospektive.
Produzieren war Männersache
Von der Ehrung erfahren hat Ziegler bei der Arbeit. Das ist schon insofern passend, weil sie ohnehin nicht strikt zwischen Privat- und Berufsleben unterscheidet. Sie war also zu Koproduktionsgesprächen für ihren neuen Kinofilm in Paris, Volker Schlöndorffs Max-Frisch-Verfilmung „Return to Montauk“. Man rief sie aus der Sitzung und sagte ihr, Iris Berben wolle sie dringend sprechen. „Da ahnte ich nur Gutes“, erzählt sie lachend.
„Lebenswerk“ klingt ziemlich final, „ich war 52 Jahre alt, als ich den Grimme-Preis für mein Lebenswerk bekam. Solche Auszeichnungen sehe ich als Preise ,bis dahin‘. Mein Lebenswerk ist ja noch nicht abgeschlossen. Es kommt noch viel auf mich zu.“ In den 1970ern kam sie auf das Filmgeschäft zu. Produzieren war damals in Deutschland noch reine Männersache. „Es hat gedauert, aber ich denke: Kompetenz schlägt Geschlecht. Später haben mich die Männer neidlos akzeptiert. Allerdings musste ich mir jede Menge Witzeleien anhören. Aber es gab auch andere. Ulrich Schamoni hat gesagt, ich sei der Silberstreif am Himmel der Filmwelt, als wir uns kennenlernten.“
Für Produzenten gab es keine Ausbildung
Das Produzieren konnte man damals an keiner Hochschule studieren. Es war ein Beruf ohne Ausbildung, in der alles nach der Learning-by-Doing-Methode funktionierte. Ziegler musste ihren eigenen Stil entwickeln. Ihr Erfolgsrezept lautet: „Es geht nicht ohne Begeisterung. Natürlich muss ich auch andere begeistern, aber das geht nur, wenn ich selber brenne. Ich stehe irgendwie dauernd unter Strom.“
Das Ergebnis sind bis heute: 91 Kinofilme und zahllose TV-Produktionen. „Die liebsten Filme sind mir die, bei denen ich ins Risiko gegangen bin. Dazu gehören ,Korczak‘ von Andrzej Wajda, ,The Year of the Quiet Sun‘ von Krzysztof Zanussi, ,Sommergäste‘ von Peter Stein und mein allererster Kinofilm von Wolf Gremm. Auch sein ,Kamikaze 1989‘ mit Rainer Werner Fassbinder als Polizeileutnant gehört dazu. Er kommt jetzt, 35 Jahre nach seiner Erstaufführung, am 3. Juni in New York ins Kino.“
Mutter und Tochter teilen sich Geschäfte
Regina Ziegler ist selten am Set, regelt lieber alles in Gesprächen mit Regisseuren und Schauspielern vorher. Sie kann gut delegieren. Bis zu zwölf Filme pro Jahr betreut die 72-Jährige immer noch. Mittlerweile teilt sie sich die Geschäftsführung mit ihrer Tochter Tanja Ziegler. Was unterscheidet die beiden Frauen? „Tanja gehört einer anderen Generation an. Sie hat an der Filmhochschule Babelsberg einen Abschluss als Produzentin gemacht. Sie ist ganz anders in diesen Beruf eingestiegen und produziert andere Filme, weil sie einen anderen Blick auf Stoffe hat. Doch trotz meiner Erfahrung kann ich noch von ihr lernen. Zum Beispiel Ruhe und Gelassenheit“, sagt Ziegler, die einräumt, dass sie ungeduldig ist.
Ein großer Erfolg ist die von ihr produzierte TV-Serie „Weissensee“, zu der der Hamburger Autor Friedemann Fromm gerade die Drehbücher für die vierte Staffel schreibt. Ihre Antwort auf die Frage, wie sie sich die schwer zu kalkulierende Reaktion des Publikums auf ambitionierte Projekte erklärt, klingt fast schon philosophisch. „Man kann den Zuschauern Qualität anbieten, aber eine Garantie, dass sie sie auch annehmen, gibt es nicht.“
"Ikone für Studentinnen"
Nico Hofmann, Chef der Ufa Fiction, ist Regina Ziegler zum ersten Mal begegnet, als sie ihn 1998 bat, „Solo für Klarinette“ mit Götz George und Corinna Harfouch zu verfilmen. Es war seine letzte Arbeit als Regisseur, er wollte Produzent werden. „Regina hat dabei eine große Rolle gespielt, weil ich sie als Produzentin erleben durfte. Wir tauschen uns ständig aus – ein wirklich ehrlicher Austausch –, was unter Kollegen so eher ungewöhnlich ist.“
Er schätzt ihre Risikobereitschaft und Innovationskraft. „Wie ich kommt auch sie aus einer Journalistenfamilie, was sich bei der Auswahl der Filmstoffe zeigt. Sie ist eine starke Frau und hat in Deutschland den Beruf der Produzentin maßgeblich geprägt. Die Leidenschaft, mit der sie dafür gekämpft hat, hat sie zu einer Ikone für Studentinnen gemacht. Sie hat ein tolles, sensitives, weibliches Gespür für Stoffe, ist aber auch eine knallharte Geschäftsfrau.“
Ziegler entdeckte osteuropäischen Markt
Diese Mischung sei in den 1970er-Jahren eher unüblich gewesen. „Regina bewegte sich damals in einer Männergesellschaft, die zum Teil auch sehr chauvinistisch war. Sie hat die Branche gehörig aufgemischt und dabei ganz eigene Qualitäten entwickelt. Sie war die erste Filmemacherin, die den osteuropäischen Markt für sich entdeckte und mit großen osteuropäischen Regiestars in der Zeit nach dem Prager Frühling Koproduktionen eingegangen ist.“
Sie sei in vielerlei Hinsicht ein Vorbild für ihn, ganz besonders auch wegen ihrer Integrität. „Wenn Regina an jemand glaubt, dem hält sie ihm auch die Treue.“