Hamburg. Die Autorin und Regisseurin gibt eine Lesung in der Elbphilharmonie. Weshalb sie ein Buch immer einem Film vorzieht – Ein Gespräch.

Am Dienstag liest Doris Dörrie in der Elbphilharmonie aus ihrem neuen Buch „Die Heldin reist“, in dem sie von ihrer großen Leidenschaft für das Unterwegssein erzählt. Anlass für ein kurzes Gespräch mit der Autorin und Regisseurin.

Hamburger Abendblatt: In einem Interview vor fast 25 Jahren haben Sie, die Sie auch im Kino so erfolgreich sind, gesagt, die Literatur sei Ihnen das Wichtigste. Ist das immer noch so?

Doris Dörrie: Ja. Ohne ein Buch wäre ich verloren. Ohne einen Film nicht unbedingt.

Sie haben als Regisseurin schon einige Male in Hamburg gearbeitet. Welches Verhältnis haben Sie zu dieser Stadt?

Dörrie: Als Hannoveranerin war Hamburg natürlich immer die strahlende Großstadt. Wenn man aus meiner Stadt kommt, blickt man oft mit Neid auf die große Stadt am Meer. Für mich war das die weite Welt.

Interview: Der Unterschied zu männlichen und weiblichen Helden

In Ihrem neuen Buch „Die Heldin reist“ heißt es: „Vielleicht ist die weibliche Dramaturgie am Ende doch eine andere.“ Was bedeutet das?

Dörrie: Der männliche Held geht immer alleine los, er ist ein Einzelkämpfer. Am Ende wird er auf ein Podest gestellt und mit Lorbeer bekränzt. Aber er ist eben allein unterwegs, so hat schon Aristoteles es sich vorgestellt. Frauen sind sozial vernetzter. Sie agieren eher in Gruppen, und ihre Geschichten erfüllen deshalb meist nicht die singuläre Heldensaga. Meine Frage ist: Welche Geschichten erzählen Frauen und sind sie vielleicht auch ganz anders strukturiert?

Sie unterrichten an der Uni Kreatives Schreiben. Was ist Ihnen da wichtig?

Dörrie: Die Studierenden sollen mit ihrem eigenen Blick auf die Welt schauen und begreifen, dass ihr Blick sich aus ihrer Biografie und Identität definiert.

Sie schreiben in Ihrem Buch über Ihre Lieblingsländer USA und Japan. Doch auch diese Nationen haben Schwächen ...

Dörrie: Jedes Land hat Schwächen. Viele Europäer, die in die USA gehen, stellen erst dort fest, dass Sie im Herzen Europäer sind. Oft fängt man erst in der Fremde an zu schätzen, was man zu Hause hat.

Fanden Sie es schwer, mit den USA umzugehen, als Trump Präsident war?

Dörrie: Amerika hat sehr kämpferische Demokraten und Liberale. Im Kampf für Demokratie und Meinungsfreiheit findet sich gerade dort oft auch das Salz der Erde. Gegen Rassismus und die Republikaner. Natürlich könnte man über Trump reden, aber genau so gut über Marine Le Pen oder Alice Weidel.

Dörries neuer Film „Freibad“

Sie sind nicht nur Buchautorin, sondern auch Filmemacherin. Was steht da an?

Dörrie: Mein neuer Kinofilm „Freibad“ startet am 1. September. Eine Komödie, sie spielt in einem Frauenfreibad und behandelt virulente Themen wie: Wem gehört der Körper einer Frau? Wann ist eine Frau eine Frau? Wie bedeckt oder nackt darf sie sein? Wie verhandeln wir die Regeln neu? Das ist ziemlich lustig.

Sind Sie Ihrer Arbeit schon einmal überdrüssig geworden?

Dörrie: Nein, aber das betrachte ich auch als mein unendliches Glück.

Doris Dörrie liest Di 10.5., 19.30, Elbphil­harmonie, Karten 20,- unter elbphilharmonie.de

Der neue Film „Freibad“ ab 1.9. im Kino