Asendorf. Harburgerin Sabine Weiß veröffentlicht neuen Krimi. Was die Autorin antreibt und wie sie die beliebte Nordseeinsel sieht.
Wolkenloses Blau, die Sonne brennt vom Himmel und erwärmt die malerische Dünenlandschaft. Das Meer glitzert verführerisch. Ein perfekter Tag für einen Syltaufenthalt. Nein, die perfekte Szenerie für einen Mord. Zumindest, wenn es nach Sabine Weiß geht.
Wenn die Autorin aus Asendorf im Landkreis Harburg über die beliebte Nordseeinsel streift, dann hat sie einen ganz anderen Blick auf die Dinge. Was eignet sich gut als Tatort? Wie bettet sie die Handlung um ihre junge Kommissarin Liv Lammers so ein, dass Krimifans auch auf ihre Kosten kommen? Wo ergeben sich spannende Kontraste?
Wanderdünen auf Sylt sind Schauplatz eines Leichenfundes
In ihrem neuen Buch „Düsteres Watt“, gerade erschienen im Lübbe-Verlag, hat Sabine Weiß eine Idee verarbeitet, die ihr schon länger im Kopf herumging. Sie wollte einen heißen Tag auf Sylt in Szene setzen, wenn die Wanderdünen auf der Insel fast ein wenig an die Wüste erinnern. Das sollte Schauplatz für den Fund einer Leiche sein und Ausgang für den neuen Fall. „Ich habe lange überlegt, wie kann ich das erzählen“, berichtet Sabine Weiß. Heraus kam die Idee, die Handlung einzufliegen – mittels einer Drohne. Beim Flug über die Lister Wanderdünen wird die Leiche von Karl von Raboisen gefunden, Sohn einer Adelsfamilie. Das Merkwürdige: Obwohl er auf eine Düne liegt, ist er ertrunken.
„Düsteres Watt“ ist bereits der sechste Teil der Sylter Krimireihe um die Kommissarin Liv Lammers. Alles entstanden in der Harburger Ideenschmiede von Sabine Weiß. In Asendorf lebt die Schriftstellerin zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einem Haus am Waldrand. Dass es sie hierher verschlug, war Zufall. In Hamburg geboren und aufgewachsen suchte sie zusammen mit ihrer Familie, die damals in Eimsbüttel lebte, eine größeres Zuhause. Sie zogen einen Radius. Mehr als 30 Autominuten sollte das neue Heim nicht von Hamburg entfernt sein. „Mein Mann arbeitet als Fotograf“, erklärt Weiß. Ihnen war wichtig, dass er nach langen und anstrengenden Abendterminen in Hamburg nicht mehr zu lange am Steuer sitzen musste. „Nach wie vor fühle ich mich als Hamburgerin“, betont Weiß.
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Und doch findet sich auch bei genauerem Hinsehen das eine oder andere Motiv aus der Region in ihren zahlreichen Büchern wieder. Zum Beispiel spielt „Die Perlenfischerin“ (2019) im Bardowick des 13. Jahrhunderts und „Die Arznei der Könige“ (2018) dreht sich um die junge Adlige Jakoba, die anfangs im Lüneburg des 14. Jahrhunderts lebt, bevor sie nach Paris fliehen muss. Denn neben der Sylter Krimireihe schreibt Sabine Weiß vorwiegend historische Romane. Mit ihnen fing ihre Schreibkarriere überhaupt an.
Lebensgeschichte von Madame Tussauds war der Anfang
Bereits während ihres Germanistik- und Geschichtsstudiums in Hamburg arbeitete Weiß als freie Journalistin und auch danach schrieb sie für zahlreiche Medien unter anderem über Kinofilme und verfasste auch Drehbücher. Eine Buchrezension brachte sie auf die Spur von Madame Tussauds. Deren Lebensgeschichte ließ sie nicht los. Wie konnte es die kleine Frau als Tochter eines Henkers soweit schaffen, dass sie später in royalen Kreisen verkehrte und ein Unternehmen gründete? Das faszinierte Sabine Weiß.
Sie recherchierte in zahlreichen Archiven, folgte Marie Tussaud nach Schottland, Irland und Paris. 13 Jahre lang arbeitete sie daran. Dabei nahm ihr Ziel deutliche Gestalt an. „Irgendwann gehe ich in eine Buchhandlung und dann liegt hier mein Buch“, habe sie sich vorgenommen. Genau das war 2007 zum ersten Mal der Fall. „Die Wachsmalerin“ lautet der Titel ihres Roman-Debüts. Es folgten zahlreiche weitere. 2016 startete dann die Krimireihe.
Abwechselnd schreibt sie Krimis und historische Romane
Seither schreibt beziehungsweise veröffentlicht Sabine Weiß immer abwechselnd einen Krimi und einen historischen Roman. „Derzeit sind es jedes Jahr zwei Bücher“, bestätigt sie und betont: „Ich recherchiere alles selbst und schreibe alles selbst.“ Zudem gibt sie auch noch Kurse am Gymnasium ihres Sohnes. „Ich liebe es zu sehen, wie die Kinder das Schreiben für sich entdecken“, sagt sie. Hinzu kommen weitere Projekte: ein Reisebildband zusammen mit ihrem Mann über die Route 66, Kurzgeschichten und natürlich Lesereisen zur Vorstellung der neuen Werke. Da muss auch die emsige Autorin zugeben, dass es „schon viel ist“. Manchmal beunruhige sie auch, wie viele Seiten noch bis zu einem bestimmten Termin fertig gestellt werden müssen. Trotzdem: Ihre Abgabefristen halte sie fast immer ein und von so richtigen Schreibblockaden könne sie auch nicht berichten.
Das könnte damit zusammenhängen, dass die 54-Jährige überall schreiben kann. Am Küchentisch, auf der Terrasse, am Schreibtisch oder unterwegs mit der Familie im Camper. „Wenn es mal nicht läuft, mache ich was anderes“, sagt die Autorin. Was ihr wohl noch hilft, ist ihr Hobby. Um runterzukommen, geht es für sie hoch hinaus. Denn beim Klettern in der Halle in Buchholz muss Sabine Weiß die Gedanken an die Arbeit beiseite schieben und sich voll auf die Aufgabe konzentrieren. Es benötige viel Kopf, Technik und beanspruche den gesamten Körper: Das schätzt die Asendorferin an ihrem Hobby. Und wohl auch den Nervenkitzel, denn die Autorin, die sonst eher andere das Gruseln lehrt, sagt: „Es kann auch manchmal etwas gruselig werden. Es geht beim Klettern auch darum, immer wieder seine Ängste zu überwinden.“
Mörderisch gut?
- Weitere Infos über ihre Projekte und Termine finden sich auf ihrer Internetseite unter wordpress.sabineweiss.com. Am Sonnabend, 18. Juni, von 19.30 Uhr liest Sabine Weiß auch bei der Ladies Crime Night der Mörderischen Schwestern im Kulturhaus Süderelbe.
- Mit ihrem neuen Krimi „Düsteres Watt“ hat es Sabine Weiß gleich zum Einstieg auf Platz 33 der Spiegel-Liste für Bestseller geschafft. Für Weiß eine Premiere. Obwohl sie schon lange erfolgreich schreibt, ist ihr das so noch nicht gelungen, wie sie selbst sagt. Der sechste Teil der Reihe ist als Taschenbuch beim Lübbe-Verlag erschienen (Preis: 11.99 Euro).
- Als Mitglied der Mörderischen Schwestern veröffentlicht Sabine Weiß auch Kurzgeschichten und nimmt an gemeinsamen Lesungen teil. Bei der Vereinigung handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, dessen Ziel es ist, Kultur und von Frauen verfasste deutschsprachige Kriminalliteratur zu fördern. Mitglieder sind Autorinnen aber auch Leserinnen mit einer Vorliebe für Krimis oder Spezialistinnen aus dem kriminologischen Bereich. 1996 wurde der Verein gegründet, heute umfasst er rund 600 Mitglieder.