Hamburg. Wohnungsnot und Immobilien-Haie: Anke Küpper wirft in “Der Tote vom Elbhang“ einen ungewöhnlichen Blick auf die Elbvororte.

Braucht man im Jahr 2019 noch einen weiteren Hamburg-Krimi? Gibt es nicht genügend Kommissarinnen und Kommissare von Doris Gercke, Simone Buchholz und Co.? Dazu den Tatort mit dem Beute-Hamburger Til Schweiger und seinem Sidekick Fahri Yardim. Und Axel Prahl als Kommissar Thiel in der Krimi-Diaspora Münster ist ja quasi der erfolgreichste Hamburg-Export ins bunt tschillernde Tatort-Land ever. Warum also noch eine Krimizette mit Hammaburg-Siegel? Nun, in jedem neuen Hamburg-Fall suchen die heimatliebenden Leser nach ihrem Körnchen Lokalkolorit.

In ihrem Krimi-Debüt "Der Tote vom Elbhang" hat die Hamburger Autorin Anke Küpper den Kosmos Blankenese aufgefächert. Ein bisschen was vom Campingplatz am Ortsausgang, ein bisschen Elbchaussee mit Immobilieninvestoren-Villa und vom trutschigen Amtsgericht, wo die verwahrlosten Häuschen mit schlummerndem Wohnprojekt-Potenzial zwangsversteigert werden. Das ist ihr Setting. Und manchmal schimmert mehr Klischee als Milieu durch die Beschreibungen. Aber die Elbvororte spiegeln sich ja oft auch nur selbst.

Blankenese: Mord am Elbhang

Der Tote vom Elbhang
Der Tote vom Elbhang © HarperCollins

Und so ein Mord am Elbhang schlägt ins Kontor. Auch für die neue Kommissarin Svea Kopetzki, ein trotziges Charakterköpfchen mit Dortmunder Migrationshintergrund. Autorin Küpper setzt sie scheinbar in den Mittelpunkt der Ermittlungen rund um die Blankeneser Hügel. Doch dann wird auch noch aus der Perspektive eines Kollegen erzählt (Tamme). Das überzeugt nicht ganz.

Eine Drogengeschichte spielt in den Mordfall hinein. Ein Immobilien-Hai schwimmt gleich am Anfang tatverdächtig durchs Buch. Er zeigt Protz am Auto, Prunk im Büro. Der Privatjet ist geleast, die Geliebte als Assistentin gekauft – das kommt ein bisschen holzhammerhaft daher. Gleichzeitig wird unbewältigter Blankeneser Familien-Tratsch an die Oberfläche gespült.

Kommissarin Kopetzki: Wohnungsbesichtigung im Osdorfer Born

Ermittler Tamme läuft die Frau weg. Kommissarin Kopetzki braucht dringend eine neue Wohnung. In den Räumen der Mutter des schnöseligen Ex will sie nicht bleiben. Die Ermittlungen ruhen, Wohnungsbesichtigung im Osdorfer Born – vom 20. Stock gibt es angeblich einen besonderen Blick auf Hamburg und den Hafen. Das Schickste hier: der schnöselige Makler.

So entrollt sich der Erzählfaden im „Toten vom Elbhang“ in alle denkbaren Richtungen und fasert an einigen Strängen etwas aus. Der Mord wirkt wie ein Streuschuss mit Schrot. Mal sehen, ob ein Treffer dabei ist. Leser mögen das, jeder Einschlag kann überraschend kommen. Erst mit Mitte des Buches - für ein Krimi-Debüt nicht ungewöhnlich - steigert sich das Erzähltempo urplötzlich. Mal greift ein Cliffhanger ins nächste Kapitel. Mal führt die Ermittlung zu einer viel versprechenden Wendung.

Hamburg-Krimi: Fortsetzung folgt

Der Fall wird gelöst. Aber Kommissarin Kopetzki will sich nicht an Hamburg gewöhnen. Man ahnt: Da ist noch mehr. Irgendwo ist von einer Vergangenheit ohne Vater, aber mit Drogen die Rede. Kollege Tamme muss ja auch noch seine drei Mädchen bändigen, wenn schon nicht die Ehefrau. Und Kommissar Zufall spielt in Gestalt eines alten Beamten ebenso eine Rolle. In dieser Unvollendetheit liegt die Chance auf eine Fortsetzung. Für jeden Hamburg-Krimi gilt: Der Tod geht weiter.

Anke Küpper, Der Tote vom Elbhang, HarperCollins, Taschenbuch, 336 Seiten, 10 Euro

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