Hamburg. Der Bestsellerautor las auf Kampnagel aus seinem neuen Thriller „Die ewigen Toten“ und räumte mit Fake News zu seiner Person auf.
Eins ist nach diesem Abend auf Kampnagel endgültig klar: Als Hausmeister hat Simon Beckett nie gearbeitet, auch wenn das in fast jedem Text über ihm steht. Die Sache mit dem Schlagzeugspielen und seine Tätigkeit als freier Journalist sind jedoch korrekt.
Der Brite war am Dienstagabend Stargast bei der fast ausverkauften Eröffnung des 13. Hamburger Krimifestivals und nutzte die Gelegenheit, die Fake News richtigzustellen. Sein Beitrag zur Beweisaufnahme beim Veranstaltungsstart.
Andreas Grötzinger lieh Simon Beckett seine Stimme
Relativ ungefährlich ging es vor Beginn der Veranstaltung zu. In der Warteschlange vor dem Getränketresen unterhielten sich zwei junge Frauen kontrovers über Küchenkalender. „Ich finde die zum Abreißen schöner“ traf auf: „Ich auch, aber Hauke will ja immer alles digital“. Ob sich der Dissens auflösen lässt, blieb offen.
Beim neuen Roman von Simon Beckett hingegen gibt kein offenes Ende, so ein Kriminalfall muss ja schließlich gelöst werden. Vor einem passenderweise blutroten Vorhang sitzend, las der 59-Jährige aus dem sechsten Fall mit dem forensischen Anthropologen David Hunter als Ich-Erzähler. Für die deutschen Textpassagen war der Hamburger Schauspieler Andreas Grötzinger zuständig.
Simon Beckett ist immer wieder gern in Hamburg
Die Geschichte spielt in einem verlassenen Krankenhaus am Rande Londons. In „Die ewigen Toten“, Originaltitel „The Scent Of Death“, wird auf dem Dachboden des heruntergekommen Hospitals die Leiche einer jungen Frau gefunden. Sie war schwanger. Die Knochen des ungeborenen Babys befinden sich noch in ihrem Bauchraum. Schon bald wird klar: Die beiden Opfer starben nicht an diesem Fundort. Im Keller des Hauses geht die Suche weiter.
„Es ist immer wieder gut, in Hamburg zu sein“, sagte Beckett und hatte damit natürlich gleich das Publikum auf seiner Seite. Im Gespräch mit der ehemaligen NDR-Moderatorin Margarete von Schwarzkopf plauderte er dann ein bisschen aus dem Nähkästchen. Seine spannend-humorvollen Bücher sind mittlerweile in 25 Sprachen übersetzt worden und haben eine Auflage von mehr als sieben Millionen Exemplaren erreicht. Erste Sätze zu finden, sei für ihn sehr wichtig. „Aber man sollte auch nicht zu lange auf sie warten.“
Simon Beckett sieht sich nicht als Horror-Autor
Die Szene mit dem Baby zu schreiben, sei ihm schwergefallen, räumte Beckett ein. Ohnehin sei er ein Autor, der seine Texte immer wieder umarbeite. Bis zum letzten Moment kämpfe er manchmal mit Änderungen. Er habe sich auch schon einmal auf halber Strecke für einen anderen Täter entschieden – und dann das Ganze wieder rückgängig gemacht.
Manchmal beeinflusse der Schauplatz ganz direkt den Gang der Geschichte. „Und die Keller von Krankenhäusern sind eine eigene Welt.“ Früher habe er viele Horrorgeschichten gelesen, als Horror-Autor sieht er sich aber nicht, auch wenn es in seinen Geschichten oft ausgesprochen gruselig zugeht.
Beckett ist ein Experte, wenn es um die unterschiedlichen Stadien der Verwesung menschlicher Körper geht und beschreibt diese in seinen Büchern oft minuziös. Da Hunter, sein Ermittler, Forensiker ist, müsse auch er sich auf diesem Gebiet ständig weiterbilden, denn die Forschung mache rasante Fortschritte.
Seinen Protagonisten David Hunter mag Beckett immer noch
Schwarzkopf führte Simon Beckett geschickt durch das Gespräch. Sie hatte sich offenbar so intensiv mit dem Buch beschäftigt, dass sie den Autor einmal mit „David“ anredete. Das allerdings ist der Vorname seines Protagonisten. Der kleine Lapsus sorgte für Heiterkeit.
Beckett über Hunter: „Ich schreibe immer noch gern über ihn. Wir kennen uns schon ziemlich gut.“ Ganz bewusst habe er bisher stets auf die Beschreibung des Äußeren von Hunter verzichtet. „Die Leser sollen sich ihr eigenes Bild machen.“
Salut Salon sorgte für musikalische Mordtaten
Salut Salon umrahmte die Lesung musikalisch. Das Hamburger Quartett spielte unter anderem Cole Porters „Let’s Do It (Let’s Fall In Love“) aus ihrem aktuellen Programm, das für ein Krimifestival eigentlich unpassend „Liebe heißt. Mit dem Satz: „Eine Witwenschaft ist das Mindeste, was man von einer Ehe erwarten kann“, versuchte Salut Salon, den Bogen zu düsteren Themen zu schlagen, um dann ein Stück zu spielen, in dem diverse TV-Krimi-Titelmelodien angerissen wurden.
Die Musikerinnen wurden dabei „erschossen“, „erwürgt“ und vom Cello „erstochen“. Geigerin Iris Siegfried verlor im Eifer des Gefechts – offenbar unplanmäßig – einen ihrer Pumps und kam zur großen Heiterkeit der Kolleginnen auch nicht so schnell wieder hinein.
Schreibt Rainer Moritz "Mord auf Kampnagel"?
Zu Beginn der Veranstaltung hatten Krimifestival-Programmchef Volker Albers, Buchhändler Christian Heymann und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz das Publikum launig begrüßt. Heymann forderte die Besucher auf, so oft wie möglich zum Festival zu kommen: „Es regnet draußen sowieso. Was wollen Sie da?“
Moritz drohte damit, schnell noch einen eigenen Krimi vorzutragen. „Ich dachte an den Titel ,Mord auf Kampnagel’ mit Christian Heymann als frühem Opfer. Aber das wurde mir untersagt.“
Das 13. Hamburger Krimifestival läuft noch bis zum 9.11. Programm-Informationen unter www.krimifestival-hamburg.de