Die Buchhandlung Kortes nennt sich neuerdings Hamburgs älteste Buchhandlung. Aus Ottensen gibt es da vorsichtige Einwände.

Die Buchhandlung Christiansen in Ottensen ist stolz auf ihre Erfolge. Das sieht man auf ihrer Homepage: „Deutscher Buchhandlungspreis 2016 und 2018, Buchhandlungspreis der Stadt Hamburg 2014“ ist da prominent zu lesen. Noch stolzer sind die Christiansens auf ihre lange Geschichte: Theodor Christiansen gründete das Geschäft 1878 am Spritzenplatz, heute wird es in vierter Generation von Sönke und Nicole Christiansen geführt. Die Buchhandlung Christiansen ist laut Eigenaussage „die älteste Buchhandlung Hamburgs“. Mit dem Zusatz: „Die die ganze Zeit über in Familienbesitz geblieben ist“.

Nun gibt es aber, was den Superlativ in Bezug auf das Alter angeht, Konkurrenz: Die Buchhandlung Kortes bezeichnet sich neuerdings ihrerseits als „älteste Buchhandlung Hamburgs“. 1945 eröffnete sie in Blankenese. Dass Namensgeber Alfred Kortes 1921 sein Geschäft im brandenburgischen Templin gegründet hatte, verlängerte die Historie des Ladens um knapp zwei Jahrzehnte. Recherchen der neuen Ladeninhaber Pascal Mathéus und Florian Wernicke ergaben nun zum einen, dass Kortes ein Nazi war – weshalb die Blankeneser Institution künftig den Namen Wassermann tragen wird.

Älteste Buchhandlung: Namensänderung von Kortes in Blankenese steht bevor

Das ist nämlich, ergaben die Recherchen des Historikers Mathéus, der ursprüngliche Name des Geschäfts – und das wurde bereits 1848 von Friedrich Wassermann gegründet. Mit einem Alter von 175 Jahren sei ihre Buchhandlung, teilten Mathéus und Wernicke am Mittwoch mit, nun also die älteste in ganz Hamburg.

Ein Umstand, der in Ottensen sehr genau registriert wird. Die wechselvolle Geschichte der Blankeneser Buchhandlung lese sich „sehr spannend“, teilte Nicole Christiansen dem Abendblatt auf Anfrage mit, „die Aufarbeitung der Vergangenheit ist verdienstvoll.“ Auch, dass die jungen Kollegen aus dem Elbvorort versuchen, ihrem Geschäft ein historisches Profil zu geben, findet sie nachvollziehbar.

Christiansen in Ottensen: Die älteste Buchhandlung Hamburgs in Familienbesitz

Und berichtet von ihren eigenen Recherchen vor einigen Jahren. 2008 habe die Buchhandlung Christiansen anlässlich ihres 130-jährigen Bestehens vom Börsenverein prüfen lassen, ob sie die älteste Buchhandlung in Familienbesitz in Hamburg sei – „das war uns sehr wichtig, damit wir keine falschen Behauptungen aufstellen und uns mit fremden Federn schmücken“. Der Börsenverein habe dann mitgeteilt, dass es durchaus ältere Buchhandlungen als Christiansen in Hamburg gebe, berichtet Christiansen, „wie zum Beispiel die Buchhandlung Boysen und Mauke (jetzt Schweitzer Fachinformationen), gegründet 1796, oder die Buchhandlung Marissal, gegründet 1825“.

Allerdings hätten diese Buchhandlungen im Laufe ihres Bestehens mehrfach den Besitzer gewechselt und „konnten sich darum nicht wie wir, die wir in vierter Generation ein Familienbetrieb in Ottensen sind, als älteste Buchhandlung in Familienbesitz bezeichnen“.

Älteste Buchhandlung: Da gibt es mehrere Definitionen

Was Letzteres angeht, kommt den Christiansens die Buchhandlung Kortes/Wassermann übrigens nicht in die Quere – von Familienbesitz ist dort nicht die Rede. Womit festzuhalten wäre: Je nach Definition gibt es mehrere „älteste Buchhandlungen Hamburgs“, und nach einer von diesen Definitionen kann auch die einen Spitzenplatz beanspruchen, die den überwiegenden Teil ihrer Geschichte importiert hat, zum Beispiel wie im Blankeneser Fall aus der Uckermark. Am griffigsten ist aber wohl das Modell Christiansen: Immer derselbe Name und derselbe Ort.

Neugier im Hinblick auf die Zukunft der Buchhandlung Kortes verspüre sie in jedem Fall, sagt Nicole Christiansen, „durch die Recherche der wechselvollen Geschichte ihrer Buchhandlung finden die Kollegen schon jetzt Impulse für die Zukunft, den schönen neuen Namen Wassermann zum Beispiel“.