Hamburg. In Tonndorf verlegte Gunter Demnig seine glänzenden Erinnerungstafeln an der Gyula Trebitsch Schule. Familie Trebitsch war dabei.
Jeder Stolperstein braucht einen Paten. Der für Gyula Trebitsch hat gleich ganz viele. Schüler der Anti-Rassismus-AG an der Gyula Trebitsch Schule in Tonndorf wollten an den Filmproduzenten und KZ-Überlebenden mit einer der glänzenden Gedenktafeln erinnern – mehr als 100.000 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig bereits in ganz Deutschland und im Ausland gesetzt.
120 Euro kostet eine Patenschaft, also backten die Schüler 120 Muffins und verkauften sie für einen Euro pro Stück. Das Geld war zusammen, der Antrag für die Steinverlegung konnte bei Peter Hess, dem Hamburger Initiator der Stolpersteine, gestellt werden.
Gyula Trebitsch hatte die Zwangsarbeit im KZ Sachsenhausen zwar überlebt, seine Brüder Zoltan und Otto aber wurden Opfer des bestialischen Nazi-Regimes: Zoltan wurde auf einem sogenannten „Todesmarsch“ in Serbien ermordet, Otto im österreichischen Lager Felixdorf, wo er als Zwangsarbeiter mit 2500 anderen jüdischen Ungarn inhaftiert war. Auch sie haben gestern einen Gedenkstein auf dem Schulhof in Tonndorf bekommen.
Stolpersteine in Tonndorf: Drei Generationen der Trebitsch-Familie waren gekommen
„Die Brüder sind an diesem Ort wieder vereint“, sagte Gyulas Tochter Katharina Trebtisch gestern bei der feierlichen Verlegung. „Es wäre ein Ort gewesen, an dem die drei sich sicher wohl gefühlt hätten, weil es hier um Wissen und Werte geht“, fuhr sie fort. Die Patenschaft für ihre beiden Onkel hatte die Produzentin und Professorin für Filmregie und Produktion übernommen.
Gleich drei Generationen der Trebitsch-Familie waren gestern nach Tonndorf zur Feierstunde gekommen, die ebenfalls von den Schülern der Anti-Rassismus-AG organisiert worden war: Neben Katharina ihr Bruder Markus sowie dessen Sohn Zoltan mit seinem zweieinhalbjährigen Sohn Levi. Gyula Trebitsch war bereits 1946, kurz nach seiner Befreiung aus dem KZ Wöbbelin, einer der Initiatoren des ersten Mahnmals zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus, das in Itzehoe steht.
Stolperstein-Künstler: Den 100.000 Stein hat Gunter Demnig kürzlich in Nürnberg verlegt
Verlegt wurden die drei Steine von Gunter Demnig persönlich. Dreimal im Jahr kommt der Künstler nach Hamburg, um neue Stolpersteine zu setzen. 60 neue Steine transportierte er in den vergangenen zwei Tagen in seinem Lieferwagen, um KZ-Insassen, die von den Nazis zu Nummern degradiert wurden, ihren Namen zurückzugeben. Das notwendige Bücken, um die Inschriften zu lesen, soll eine Verbeugung vor den Nazi-Opfern sein.
Den 100.000 Stein hat Demnig kürzlich in Nürnberg verlegt, einer Hochburg der Nazis. „Ich hätte prominente Opfer gehabt, doch ich habe mich für einen Feuerwehrmann entschieden, der 1941 wegen ,Rundfunkverbrechen’ zum Tode verurteilt wurde. Johann Wild hat ,Feindsender’ und deren Informationen weiter verbreitet“, erzählte Demnig. Seit 1992 setzt der Bildhauer die Steine, längst ist aus einem Projekt eine Lebensaufgabe geworden. An diesem Sonnabend, 10. Juni, wird er unter anderem drei Steine für die Mitglieder der Familie Blumenthal vor den Hamburger Kammerspielen in der Hartungstraße verlegen. Harry, Rosa und ihr dreijähriges Kind wurden 1944 im KZ Auschwitz ermordet.
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Auch die junge Generation will daran erinnern. Für die Schüler der Stadtteilschule in Tonndorf war gestern ein besonderer Tag. Etwa 150 von ihnen waren am Ende eines langen Schultages gekommen, um dabei zu sein, als Demnig die Steine einsetzte. Anschließend legten sie Rosen nieder und zeigten ein Banner, das für die Haltung dieser Schule steht: „Schule ohne Rassismus / Schule mit Courage“.