Hamburg. Schuberts Liedzyklus als pantomimisch-theatralischen Abend: Da war – trotz starker Protagonisten – nicht alles wirklich gelungen.

Der Bassbariton Florian Boesch ist ein großartiger Liedinterpret. Nikolaus Habjan ein toller Puppenspieler. Und die Musicbanda Franui aus Osttirol eine wunderbar eigenwillige Instrumentalcombo. Für sich alles allerfeinst. Aber im Zusammenspiel: einfach zu viel. Jedenfalls beim aktuellen Projekt, das kurz nach der Berliner Uraufführung auch in der Elbphilharmonie zu Gast war.

„Die schöne Müllerin“ heißt die Produktion, sie inszeniert den gleichnamigen Liedzyklus von Schubert als pantomimisch-theatralischen Abend. Mit einem bleichen Männertorso samt Kopf als Hauptfigur. Nikolaus Habjan leiht dieser (Gips?-)Figur seine Arme und führt ihre leichenhaft-knochigen Hände, Florian Boesch bewegt meist ihren Kopf. Wie präzise das choreografiert und ineinander verhakt ist, wie Boesch all die kleinen Griffe und Schritte mitmacht, während er ja auch noch die ganze Zeit singt, ist beeindruckend. Wirklich.

Elbphilharmonie: Was soll das alles? Ein Liederabend mit zu viel Beiwerk

Man fragt sich nur: Wozu das alles? Wenn der Puppenkopf im Rhythmus der Sprache ruckelt, wenn Habjan die Arme am Torso zu opernhaften Posen ausbreitet – dann wirkt der bleiche Geselle zwar erstaunlich lebendig, verdoppelt aber bloß den Ausdruck der Musik. Mit klischeenahen Gesten, die Sängerinnen und Sänger aus Fleisch und Blut wahrscheinlich meiden würden.

Ja, das ist detailreich ausgeheckt. Aber die Szenen geben Bilder vor, die den emotionalen Resonanzraum einengen. Sie verbauen eher den Weg zum Stück als dass sie ihn bereichern – und drängen die Musik in den Hintergrund. Dabei gibt es da so viel Herrliches zu entdecken.

Die Musicbanda Franui verwandelt den Klavierpart von Schuberts Liedern in farbige Ensemblestücke. Manches klingt zünftig, mit Akkordeon und Tuba-Umtata, manches alpenländisch zart, wenn die Zither zirpt. Und dann kippt ein Choral plötzlich in Richtung Bigband-Sound, mit jazzigen Harmonien, wie im Lied „Der Neugierige“. Hinreißend!

Die genial verfremdete Aneignung von Schuberts Musik wird leider zur Nebensache

Blöd, dass diese genial verfremdete Aneignung von Schuberts Musik zur Nebensache degradiert wird, weil die Puppenpantomime im Zentrum steht. Ohne den szenischen Aufwand hätte der Sound vielleicht auch besser funktioniert. Die für die Lieder so wichtigen Texte sind nur halb zu verstehen; der Mix aus akustischem und verstärktem Vokalklang wirkt leicht verschwommen und topfig.

Ein Jammer – denn Boesch gestaltet, wie gewohnt, sehr eindringlich. Wie er stockend und fast gesprochen die „liebe Farbe“ besingt, gehört zu den anrührenden Höhepunkten. Auch, weil da auf der Bühne fast nichts passiert und die Musik die Ruhe und den Raum bekommt, den sie braucht.