Die Band Hundreds spielte auf Kampnagel ein „Elektro-Akustik-Konzert“. Und klang wie aus der Tiefe eines Grabs – aber nicht nur.
Vor 13 Jahren spielten die Hundreds schon einmal auf Kampnagel. Mittlerweile ist das Geschwisterpaar Eva und Philipp Milner allerdings den kleinen Clubs entwachsen, bei der Tour zum 2020 erschienenen Album „The Current“ gastierten sie in Hamburg im Uebel und Gefährlich. Den Großen Saal der Elbphilharmonie haben sie auch schon ausverkauft. Entsprechend ist es ein Geschenk, die Hundreds noch einmal im intimen Rahmen erleben zu dürfen, in der winzigen Kampnagel Music Hall nämlich. Auf „Elektro-Akustik-Tour“.
Wobei diese Charakterisierung wenig aussagt – die Mischung aus digitalen und akustischen Sounds ist ohnehin ein prägender Zug des Hundreds-Pop. Jedenfalls spielt auf Kampnagel die kleine Besetzung. Neben den Milners sind nur noch Florian Wienczny (an Schlagzeug und Piano) sowie Hannes Butzer (an Pedal Steel und Gitarre) mit dabei. Das sorgt für einen minimalistischen Sound, düsterer als auf der Platte. Den eigentlich lupenreinen Popsong „Wilderness“ singt Milner wie aus den Tiefen eines Grabs. Ungewohnt, aber schön.
Hundreds: Die Milners sind aus Hamburg ins Wendland gezogen
Wobei das Gewöhnliche ohnehin nicht das Metier der Hundreds ist – das fängt bei der eigenartigen Konstellation der musizierenden Geschwister an. Und es führt über die versponnenen Kompositionen, die nur mit minimalen Verschiebungen vom chartstauglichen Hit („Ready Shaking Silence“) zum introspektiven Klassik-Jazz-Elektro-Track („Beehive“) werden können.
Ungewöhnlich ist auch der aktuelle Arbeitsort des Duos. Längst haben nämlich die Milners ihre einstige Heimat Hamburg verlassen, sind aber nicht wie das Gros der Musikszene nach Berlin verschwunden, sondern ins Wendland. Eine seltsame Band, eine wunderbare Band.
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Wobei man ihr auf Kampnagel die Freude an der eigenen Seltsamkeit ansieht. Barfuß hüpft Eva Milner über die Bühne, ausgelassen, fröhlich, zu freilich ziemlich düsteren Synthesizerklängen. „Happy Virus“ heißt die Zugabe, und in der Vieldeutigkeit des Titels steckt auch schon wieder das Seltsame, das diese Musik auszeichnet.