Hamburg. Das Kunsthaus feiert die Arbeit von den heute fast vergessenen Künstlerinnen Tabea Blumenschein, Hilka Nordhausen und Rabe Perplexum.

In den 1980er-Jahren war die deutsche Kunstwelt noch übersichtlich. Da gab es Leuchtturmfiguren wie Albert Oehlen und Martin Kippenberger – meistens Maler, meistens heterosexuelle Männer, meistens genialische Einzelkünstler. Frauen gab es kaum. Und Menschen, die sich traditionellen Geschlechtszuschreibungen verweigerten, noch weniger. Tatsächlich? Die Wanderausstellung „Exzentrische 80er“ zeigt im Kunsthaus Hamburg drei Positionen, die einen Hinweis darauf geben, dass es vor 40 Jahren vielleicht doch nicht so homogen zuging. Und wirft dabei die Frage auf: Wie konnte es passieren, dass diese drei Künstlerinnen heute nur noch Eingeweihten ein Begriff sind?

Die Ausstellung präsentiert beispielhaft Arbeiten von Tabea Blumenschein (geboren 1952 bei Tuttlingen, als Künstlerin hauptsächlich in Berlin aktiv), Hilka Nordhausen (geboren 1949 in Hamburg, unter anderem Betreiberin der „Buch Handlung Welt“ im Karoviertel) und Rabe Perplexum (geboren 1956 als Manuela Hahn in München) – Filme, Collagen, Malerei und Objekte. Diese Kunst wird in Verbindung zu zeitgenössischen Positionen gestellt, unter anderem vom Kollektiv 3 Hamburger Frauen, Philipp Gufler und Angela Stiegler.

All das ordnet das Kuratorinnenteam um Burcu Dogramaci in drei thematische Kapitel: Bandenbildung, Verwandlung und Widerspenstigkeit. Was heißt, dass Dogramaci nicht die einzelnen Persönlichkeiten nacheinander abbildet, sondern dass sie künstlerische Strukturen untersucht.

Künstlerinnen in Gruppen sind schwer zu fassen

Und hier findet man vielleicht eine Antwort darauf, weswegen die damalige Kunstwelt sich eher auf polternde Männerfiguren konzentrierte: Weil sich Künstlerinnen, die in Gruppen arbeiteten, die Freundinnen- und Komplizinnenschaften pflegten, kaum fassen ließen. Denn tatsächlich wären die Arbeiten, die hier gezeigt wurden, durchaus anschlussfähig gewesen: Kunst, die Einflüsse aus der Punk- und Clubszene verarbeitete, die aggressiv queer daherkam, die mal mit expliziter Sexualität schockierte und mal mit unterschwelligem Humor versöhnte.

Und die immer wieder ganz konkret politisch wurde: In den Achtzigern herrschte die Aids-Hysterie, und wenn Rabe Perplexum die eigene sexuelle Identität thematisierte, dann war das auch ein direkter Angriff auf die Kriminalisierungsstrategien der in Bayern regierenden CSU. Aber dennoch ließen sich diese Kunstpraktiken kaum kategorisieren. Hilka Nordhausen etwa ist selbst in der Chronik der Hochschule für bildende Künste Hamburg, an der sie ab 1970 studierte, nicht vertreten.

Entsprechend muss „Exzentrische 80er“ auf lückenhaftes Archivmaterial zurückgreifen. Nordhausens Aktionen in der „Buch Handlung Welt“ sind verhältnismäßig gut dokumentiert, weil in der Szene um die Marktstraße herum viel fotografiert wurde. Die Videoarbeiten von Rabe Perplexums Aktionen in damals schon queeren Münchner Clubs hingegen befinden sich in bemitleidenswertem Zustand. Sei es drum: So nimmt der dokumentarische Teil der Ausstellung ebenfalls einen Kunstcharakter an, versucht gar nicht, Lücken zu schließen, sondern stellt diese selbstbewusst aus.

„Exzentrische 80er“ bis 21.5., Kunsthaus Hamburg (U Steinstraße), Klosterwall 15, Di–So 11.00–18.00, Eintritt 6,-/4,- (erm.), www.kunsthaushamburg.de