Hamburg. Eine Reise in die Vergangenheit: Der US-Gitarrist und seine Band Yankee Go Home sorgten im Großen Saal für Jubelstürme.

Diese Freude, auf der Bühne und auf den Rängen! Natürlich kann man daheim ein Album von John Scofield auflegen und den unverkennbaren Sound dieses Ausnahmegitarristen bestaunen, aber was ist das schon gegen das Live-Erlebnis – zumal wenn der 71-Jährige mit seiner Band Yankee Go Home auftritt?

Im ausverkauften Großen Saal der Elbphilharmonie trifft jedenfalls am Sonnabendabend sehnsuchtsvolles Schwelgen auf glückselige Partystimmung und immer wieder werden Erinnerungen an eine der größten Bands der Rockgeschichte wach: Grateful Dead.

Elbphilharmonie: John Scofield tauchte in die Musik der eigenen Jugend

An die lässt schon der Opener denken, bei dem Scofield, Jon Cowherd (Piano), Vicente Archer (Bass) und Josh Dion (Schlagzeug) sich hörbar auf den Spuren der legendären Jamband bewegen. Ein treibender Groove gewürzt mit aus dem Handgelenk geschüttelten Improvisationen – das könnte ewig so weiter gehen. Tut es aber nicht, denn Scofield hat noch etwas vor: Er taucht ein in die Musik der eigenen Jugend und so geht es mit einem langen „Mr. Tambourine Man“ weiter, im Original von Bob Dylan, doch die hier gespielte Version, erinnert mehr an den Westcoast-Country-Rock der Byrds.

Dabei läuft es während des fast zweistündigen Konzerts stets ähnlich: Nach einem Intro sorgt die jeweilige Melodie für den großen Oh!-Moment, dann geht es auf die Improvisations-Autobahn, um zwischendurch immer mal wieder auf bekanntes Terrain einzuschwenken. Das funktioniert bei Leonard Bernsteins „Somewhere“ (aus „West Side Story“) ebenso wie bei „The Creator Has A Master Plan“ (Pharoah Sanders) oder der Jazzfunk-Nummer „I Can’t Go For That“ (Hall & Oates).

Elbphilharmonie: Soli sorgten für großen Jubel

Immer wieder kann auch die exzellente Band ihre Stärken ausspielen: Jon Cowherd treibt mit lyrischen Läufen das Geschehen voran, Vicente Archer sorgt wie ein Baum, der tiefe Wurzeln in die Erde geschlagen hat, für die sichere Grundierung und Josh Dion ist ein Kraftpaket, das auf kleinstem Raum (sein Schlagzeug ist eher kompakt) maximale Energie erzeugt. Die Soli der Drei werden völlig zu Recht bejubelt.

Und dann, zum Finale, schließt sich der Kreis: Mit „Black Muddy River“ gibt es tatsächlich eine Grateful-Dead-Nummer (bei der Schlagzeuger Dion singt), die Zugabe „Turn On Your Love Light“ ist zwar von Bobby Bland, doch die Dead haben ihn hunderte Male live gespielt. Hätte John Scofield den großen Jerry Garcia nach dessen Tod 1995 bei den Grateful Dead ersetzt, es hätte gepasst – auch das zeigt dieses bis zum letzen Ton überragende Konzert.