Hamburg. Das Quartett begeistert im Thalia mit seiner neuen Konzertshow. Singende Sägen zum Liebesduett. Tickets für Elbphilharmonie.

Auch nach der zweiten Zugabe muss noch längst nicht Schluss sein – wenn einen die Musik förmlich (hinaus-)trägt. Und so zogen Angelika Bachmann, Iris Siegfried, Sonja Lena Schmid und Anne-Monika von Twardowski aus dem Saal fröhlich ins Foyer des Thalia Theaters: Auf originelle Art warben sie mit dem chilenischen Kinderlied „El Mercado Testaccio“ hör- und sichtbar um Spenden für die Escuela Popular de Artes, ein Musikschulprojekt der Kindernothilfe im Armenviertel der Stadt Viña del Mar. Dafür engagieren sich Angelika Bachmann und Iris Siegfried schon seit dem Jahr 2002.

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Genauso lange existiert offiziell das von den beiden Hamburger Geigen-Freundinnen gegründete Quartett Salut Salon. Welch Popularität, verbunden mit hoher musikalischer Qualität, die Gruppe inzwischen in ihrer Heimatstadt und darüber hinaus hat, zeigte sich bei der Premiere ihres neuen Programms: Das Thema „Liebe“ hat sich Salut Salon auf die – in der Thalia-Kulisse – schwarz-rote Fahne geschrieben, im Bühnenhintergrund vier Bilder mit großen Schriftzügen wie „Je t’aime!“. Das Publikum dankte den vier Damen für das Gesamtkunstwerk am späten Mittwochabend im ausverkauften Theater nach mehr als zwei Stunden mit begeistertem Applaus, Gejohle und Ovationen.

Natürlich darf Astor Piazzolla nicht fehlen

Auch weil die seit Jahren international tourenden klassischen Musikerinnen mit „Liebe“ wieder mal spielend Genregrenzen überwinden und dem vielschichtigen Thema heitere Saiten (sic!) abgewinnen. Da inszenieren Bachmann und Siegfried schon mal einen privaten Zoff, ob Ehe nun Liebe oder doch Einsamkeit und Sprachlosigkeit bedeute, um damit von Sergej Prokofjews „Romeo und Julia“ zu dessen „Streit“ überzuleiten. Natürlich darf Tango-König Astor Piazzolla, einer von Salut Salons erklärten Lieblingskomponisten, weder zu Beginn des ersten (mit dem „Libertango“) noch des zweiten Teils fehlen (mit „Regreso Al Amor“/„Die Rückkehr zur Liebe“) .

Doch nach dem intonierten Wahnsinn, dem klassischen Stück „La Follia“, folgt ein überraschender Bruch: Pianistin Anne-Monika von Twardowski erhebt sich vom Klavier und singt auf der anderen Bühnenseite nach der Melodie von Alexander Olshanetsky äußerst anrührend „Ik heff di veel to leev“, ein plattdeutsches Lied, geschrieben übrigens von den Ohnsorg-Dramaturgen Hartmut Cyriacks und Peter Nissen.

Auch schauspielerisch verbessert

Sichtbar die Arbeit und Handschrift von Regisseur Franz Wittenbrink: Der Liederabend-Schöpfer („Sekretärinnen“, „Nacht-Tankstelle“) verhilft mit seinen Arrangements sowohl dem Volkslied („Es soll sich der Mensch nicht mit der Liebe abgeben“) als auch Dichter Erich Fried („Es ist, was es ist, sagt die Liebe“) zu neuer ungeahnter Geltung und gibt dem feschen und vielseitigen Vierer noch mehr Bühnenreife.

Auch schauspielerisch haben die Damen, im ersten Teil in roten Kleidern und Hosen, im zweiten Teil dann in schwarzen zu erleben, für ihr Crossover-Programm weiter an sich gearbeitet – ebenso gesanglich, wie etwa Iris Siegfried beim schmissigen polnischen Lied „Tabakiera“. Zudem sind die Moderationen paritätisch gelungen unter allen vieren aufgeteilt, die lebendige Mischung aus Musik und ­Komik ist besser denn je.

Zwei singende Sägen zum Liebesduett

Wirkte etwa die Einbeziehung der Puppe „Oskar“, laut selbstironischer Auskunft der Gruppe ihr einziger geduldeter männlicher Begleiter, in der Vergangenheit zuweilen etwas infantil, ist der kleine befrackte Musiker-Dirigent nun geschickt in klassische Stücke ­eingebunden. Iris Siegfried oder Sonja Lena Schmid führen ihm den Bogen, sodass es scheint, als spiele er mit.

Cellistin Schmid nutzt mit Angelika Bachmann auch zwei singende Sägen zum Liebesduett und zeigt beim Krimi-Medley mit Melodien aus verschiedenen Fernsehserien, was für ein (Mords-)Instrument ein Cello mitsamt Klangstachel sein kann. Und Bachmann grölt im fast schon überfrachteten Liebeslieder-Medley unter dem Motto „What’s Love“ mit derartiger Inbrunst, dass die „Flugzeuge im Bauch“ bei Herbert Grönemeyer neu durchstarten dürften. Was stört es da, dass bei Edvard Griegs „Tanz der Trolle“ kurz zuvor eine Saite ihrer Geige gerissen war?

Zweite Zugabe überraschte

Dass Salut Salon, Hamburgs noch immer charmantester Kultur-Export, bei all dem unterhaltsamen Spaß seine Kernkompetenz, die Liebe zur klassischen Musik, deren Spiel und Vermittlung, im neuen Programm pflegt, ist das größte Plus: Ungewöhnliche, indes hörenswerte Stücke wie das „Wiegenlied (Nana)“ und „Khorumii (Georgian Dance)“ des georgischen Komponisten Sulkhan Tsintsadze zeugen davon.

Da überraschte auch die zweite Zugabe, bevor es hinaus ins Foyer ging, besonders: „Wie tief kann man lieben“, von Angelika Bachmann mit Rapper Samy Deluxe für Salut Salon geschrieben, heißt die gemeinsame Single. „Hammer-Show!“, urteilte der Hip-Hopper am Ende als Stargast auf der Thalia-Bühne. Keine Widerrede.