Hamburg. Einen Tag lang waren im Großen Saal Wortakrobatinnen und Reimeschmieder zu erleben. Auch Knäckebrot bekam sein Fett weg.
Ausdruckskünstler, Wortakrobaten, Reimeschmieder: Der Best of Poetry Slam Day bietet am Donnerstag in der Elbphilharmonie mit drei Shows den Dichterinnen und Dichtern der Gegenwart die große Bühne. Nach den Shows „Rising Stars“ (am Nachmittag) und „Awards“ (am frühen Abend), trumpft das „Legends“ betitelte Finale am späten Abend mit einem hochkarätigen Line-up im ausverkauften Großen Saal auf.
Das Schaulaufen der Poetry-Slam-Spitzenklasse beginnt mit Sarah Bosetti. „Die beste aller Welten ist eine Katastrophe“, steigt die aus „Die Anstalt“, „extra 3“ und den „Bosetti will reden!“ TV-bekannte Komikerin und Autorin ein, die mit ihren meinungsstarken Beiträgen immer wieder von sich reden macht. Dem Populismus unserer Zeit begegnet sie mit ihrer stärksten Waffe: Gedichten. Bosetti antwortet auf Sprüche und Tweets der Mächtigen mit spitzzüngiger Poesie.
Poetry-Slam: Julius Fischer berichtet über Vaterfreuden
Danach überzeugt Sebastian 23 aus Bochum durch seine Bühnenpräsenz und changiert gekonnt zwischen politischeren Tönen – wenn er sich etwa ausmalt, wie die Dinge im Jahr 2050 gewesen sein werden – und reinen Wortspielen, die Zahlenwörter aus verschiedenen Sprachen in Sätze kleiden. „Egal, wie douze-s treize-st und wendest“: Der Publikumsliebling wird immer wieder von Gejohle und Applaus unterbrochen.
Julius Fischer, häufiger im MDR zu sehen, berichtet anschließend von seinen Vaterfreuden und -leiden, von Bananenbrotrezepten, männlicher „Care-Arbeit“ und seiner Erfolg versprechenden Kinderlieder-Band-Idee: „Rammsteinchen“.
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Poetry-Slam: Torsten Sträter philosophiert über Formulierungen, die ihn auf die Palme bringen
Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Nora Gomriger setzt dann auf Lyrik. In ihrem fulminanten „Ursprungsalphabet“ ruft sie von Ariadne über Kassandra und Medea bis zu Rilkes Panther allerlei Figuren aus Literatur und Mythologie auf. Anspruchsvoll, darstellerisch und rhetorisch ausgefeilt, beweist sie ihre Kunstfertigkeit, führt einen Dialog mit dem Krieg und gibt 17 Gestaltungsvorschläge für den Deutschen Pavillon in Venedig: klug und immer formschön. Gomringer verkörpert ihre Texte, setzt die Stimme ein, wünscht „Ich will kein armer Dichter sein!“ und schließt programmatisch mit dem Appell: „Gebt der Lyrik ihren Platz.“
Zum Schluss dann Torsten Sträter. Mit unverkennbarer Stimme, kühl-zynischer Haltung und bekannten Ausschweifungen philosophiert er über Formulierungen, die ihn auf die Palme bringen, etwa „Quality Time“. Auch das Knäckebrot als „eine einzige staubige Sollbruchstelle“ ist Thema. Mit seinem „nun aber wirklich letzten Text“ von Exzessen eines Elternabends verabschiedet er ein schallend lachendes Publikum. Ein großer Erfolg für das gesprochene Wort – der Vorverkauf für den Best of Poetry Slam Day im kommenden Jahr hat bereits begonnen.