Hamburg. Den Künstlern war ein Abend am Thalia Gaußstraße gewidmet, der musikalisch überzeugte, dramaturgisch aber Schwächen hatte.
Ihre Biografien unterscheiden sich stark, doch Randy Newman und Nina Simone vereint ihr kritischer Blick auf ihre amerikanische Heimat. Simone prangerte Rassismus mit wütenden Songs an, Newman nutzte für seine Gesellschaftskritik das Mittel der Satire. Persönlich sind Newman und Simone sich nie begegnet, denn als die Karriere des weißen Pianisten und Sängers 1970 startete, hatte die schwarze Künstlerin und Bürgerrechtlerin die USA bereits verlassen und war nach Liberia gegangen.
Bernd Grawert und Marion Martienzen haben die Biografien dieser beiden Ausnahmekünstler miteinander verwoben, ihr Programm „Four Eyes“ im Ballsaal des Thalia an der Gaußstraße ist nach einem Song von Newman benannt. Die Begegnung auf der Bühne: ein reizvoller dramaturgischer Kniff, Grawert und Martienzen stellen sich gegenseitig Fragen und zeichnen die Lebensläufe nach. Die verlieren im zweiten Teil des Abends allerdings etwas an Spannung, was damit zu tun hat, dass Simones Kreativität sich im afrikanischen und später europäischen Exil nur noch marginal zeigte und Newman sich überwiegend auf das Komponieren von Soundtracks verlegt hatte.
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Die Wut, die Simone angetrieben hat, kam nicht rüber
Es gibt natürlich viel Musik an diesem Abend. Von einer dreiköpfigen Band begleitet, haben die beiden Schauspieler Schlüsselsongs aus dem Werk des Satirikers und der Soulsängerin ausgewählt. Nummern wie „Mississippi Goddam“, „Young, Gifted And Black“, „Rednecks“, „Short People“ oder „Baltimore“ werden nicht nur gesungen, sondern auch erklärt. Grawert überzeugt mit seiner kräftigen Stimme und rückt Newman durch seine Kostümierungen manchmal in die Nähe eines Kauzes.
Auch Martienzen ist eine glänzende Sängerin, doch die Wut, die Simone angetrieben hat, kann sie nicht auf die Bühne bringen. In Zeiten, in denen verstärkt über kulturelle Aneignung debattiert wird, ist es problematisch, sich in die Rolle einer schwarzen Künstlerin zu begeben und so zu tun, als wäre das Hamburger Publikum eine afroamerikanische Gemeinschaft. Mehr Distanz zu ihrer Figur, zum Beispiel durch die Wahl der dritten Person, hätte den sehenswerten Abend noch stärker gemacht.
Am 10. März gibt es eine weitere Vorstellung von „Four Eyes“ in Thalia an der Gaußstraße.