Hamburg. Dirigiert von Christoph Eschenbach spielte das NDR Orchester Mendelssohn Bartholdy und Bruckner – mit einem Solisten, der Mut bewies.

Hut ab vor dem Ersten Konzertmeister des NDR Elbphilharmonie Orchesters Roland Greutter, der in der letzten Saison vor seinem Renteneintritt als Solist eines solchen Repertoireklassikers wie Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert e-Moll op. 64 am Donnerstag vor das Publikum in der Elbphilharmonie und vor seine eigenen Kolleginnen und Kollegen trat.

In den mehr als 40 Jahren seiner NDR-Tätigkeit hatte er das mit anderen Stücken zwar schon oft getan und sogar ein ihm gewidmetes Violinkonzert von Ulrich Leyendecker zur Uraufführung gebracht, aber mit Mendelssohns von den besten Geigerinnen und Geigern der Welt rauf und runter gespieltem Stück ging er gewiss auch ein Risiko ein.

Roland Greutter setzt in der Elbphilharmonie auf Feinheiten

Ganz bewusst vermied der 66-Jährige das allzu Plakative, stand nicht vor dem Orchester, sondern direkt neben dem Dirigenten Christoph Eschenbach zwei Schritte zurück, um mit den Streichern Blicke und Gesten austauschen zu können. Eschenbach reagierte auf Greutters Zurückhaltung in der Dynamik, seiner Vermeidung allzu starker Akzente und zu großer Ritardandi.

Manchmal aber überdeckten die Holzbläser, im Finale auch Pauken und Hörner dann doch die edle, schlanke Tongebung ihres Kollegen. Greutter setzte eher auf Feinheiten als auf freche Schlenker besonders im Finale, und er wollte sich nie der Wirkung halber in den Vordergrund spielen.

Was er technisch und musikalisch draufhat, konnte er trotzdem zeigen und stellte es in der Zugabe mit Eugène-Auguste Ysaÿes Finale aus der 4. Solosonate noch einmal ganz allein unter Beweis. Im Mai des kommenden Jahres werden wir Roland Greutter dann zum letzten Mal am Konzertmeisterpult mit seinem NDR Elbphilharmonie Orchester erleben dürfen.

Anton Bruckners 3. Sinfonie c-Moll in der selten gespielten dritten Fassung von 1890 unter Eschenbachs Leitung war einmal mehr ein Erlebnis. Selten hört man einen so klar gezeichneten Bruckner mit Mut zu gewaltigen Crescendi ohne jeden Transparenzverlust wie hier.

Eschenbach liebt die sonoren Klanginseln in diesem Werk, die sich in etlichen Abwandlungen und Farben fortentwickeln. Und wenn er mit leicht geöffnetem Mund, als wolle er sprechen, einem kurzen Nicken mit dem Kopf und einer zitternden Geste mit dem Taktstock zu Steigerungen anhebt, baut sich eine Spannung ohnegleichen auf.