Hamburg. Die Schauspielerin feiert als „Die Großherzogin von Gerolstein“ 50. Bühnenjubiläum. Premiere ist Donnerstag am Ernst Deutsch Theater.
Im Foyer des Untergeschosses hat Regisseur Anatol Preissler das Ensemble noch mal um sich geschart. Zeit zur Nachbesprechung. Die erste Probe auf der großen Bühne des Ernst Deutsch Theaters liegt an diesem Nachmittag hinter den sieben Schauspielerinnen und Schauspielern. Die bekannteste unter ihnen, wartet schon drei Stockwerke höher in den Büros des großen Privattheaters. Daniela Ziegler ist eben noch immer beweglicher als gedacht. Sie nimmt sich Zeit für ein Gespräch.
Jetzt ist sie „Die Großherzogin von Gerolstein“, ist auf Plakaten in der Stadt im prächtigem roten Kostüm und unter der schwarzen mächtigen Perücke fürs Ernst Deutsch Theater das Gesicht der großen Weihnachtsproduktion. Das Plakatmotiv – ein Hingucker! „Wenn die Aufführung auch so wird, dann kann nichts schiefgehen“, sagt Daniela Ziegler und lacht.
Daniela Ziegler feiert 50. Bühnen-Jubiläum am Ernst Deutsch Theater
Eine Operette soll‘s sein. Zugleich ein Geschenk des Hauses an Daniela Ziegler: Mit der Premiere am kommenden Donnerstag feiert die Schauspielerin und Sängerin ihr 50. Bühnen-Jubiläum.
Obwohl sie erst im Frühjahr in der englischen Komödie „Die Reissleine“ an den Hamburger Kammerspielen gastiert hat, fühlt sich Ziegler dem Ernst Deutsch Theater und Intendantin Isabella Vértes-Schütter bis heute sehr verbunden. Mit Friedrich Schütter, dem 1995 gestorbenen Gründer des Hauses, hatte sie Ende der 70er-Jahre bei den Bad Hersfelder Festspielen zusammengearbeitet. Er holte sie ans Ernst Deutsch Theater. In Hamburg war die in Bochum ausgebildete Schauspielerin dann auch am Deutschen Schauspielhaus engagiert.
Ziegler feierte am Ernst Deutsch Theater als Maria Calles großen Theatererfolg
Sie wurde dank Fernsehserien wie „Gegen den Wind“, „Dr. Schwarz und Dr. Martin“ sowie „Der Fürst und das Mädchen“ einem breitem Publikum bekannt. Ihre Frauenfiguren in Fernsehfilmen waren mal klug, mal intrigant, auch mal gefährlich, meist von einer nonchalanten Eleganz. Auch jetzt, mit über 70, sitzt hier eine komödiantische Charakterdarstellerin. Alles eine Frage der Selbstdisziplin. Und, insbesondere was die Bühne betrifft, eine der fortwährenden Neugier.
Am Ernst Deutsch Theater hatte die Künstlerin als Maria Callas in „Meisterklasse“ von Terence McNally einen ihrer größten Theatererfolge gefeiert, ebenso 2008 mit der europäische Erstaufführung des Monologs „Das Jahr magischen Denkens“ von Joan Didion., Eine noch größere Bühne hatte sie 2010/11 im Operettenhaus als Mutter Oberin in „Sister Act“.
„Sie singen auch?“ Diese Frage bekam Daniela Ziegler früher oft zu hören, erzählt sie, wenn sie im Musical auftrat. Vor mehr als 40 Jahren war sie nach New York gegangen, wo sie Musical studieren wollte. Sie lernte die Wurzeln des hierzulande kaum verbreiteten Genres kennen. Nach der Rückkehr spielte sie 1982 die Evita Peron in Wien, in Berlin und in München.
Ziegler als "Großherzogin von Gerolstein“: "herrlicher Blödsinn"
Nun aber „Die Großherzogin von Gerolstein“. „Das Stück ist ein herrlicher Blödsinn“, sagt die Protagonistin. Denn Jacques Offenbachs Werk ist eigentlich eine Satire, in der das Günstlingswesen und das militärische Brimborium verspottet werden. Es spielt im fiktiven Großherzogtum Gerolstein um das Jahr 1840.
„Ich bin total begeistert von den Kolleginnen und Kollegen“, sagt Daniela Ziegler. Die singen ohne Chor-Unterstützung, obwohl der Komponist sein Werk vor 165 Jahren für großes Orchester und Chor geschrieben hatte. Das nötigt auch einem erfahren Bühnenprofi wie Ziegler Respekt ab. Nur drei Musiker unterstützen im großen Saal die sieben Mitwirkenden. „Und Operette ist schwer“, räumt Ziegler ein. Das Gerne liege nah bei der Oper.
Trotz dieser Herausforderung hadert nicht – im Gegenteil. Sie sehe das Schauspiel „immer als Teamwork“, betont Ziegler. „Und als König kann man nur agieren, wenn die Mitspieler einen den König sein lassen.“ In diesem Fall etwa Frank Jordan als Baron Puck und Daniel Schütter als General Bumm.
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Ziegler: „Wenn mich John Neumeier sehen würde – er bekäme die Krise“
Fast alle im Ensemble haben schon mit Anatol Preissler gearbeitet, Ziegler nicht. Der österreichische Regisseur – Lieblingsfach: Operette – gilt als enorm kreativ, aber auch fordernd. Der Theater-Tausendsassa hat an der Mundsburg bereits Oscar Wildes „Bunbury“; den Kultkrimi „Adel verpflichtet“, die „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ und zuletzt Tschechows „Onkel Wanja“ mit Erfolg inszeniert.
Daniela Ziegler hat sich erst daran gewöhnen müssen, dass sie und die Kollegen bei Preissler schon bei Leseproben mit Verve rangehen sollen. Sie mag es sonst, sich der Rolle beim Spiel auf der Bühne zu nähern. Doch eine wie sie hat in ihren fünf Jahrzehnten als Schauspielerin gelernt, mit Regisseuren umzugehen und Neues anzunehmen. „Die flacheren Hierarchien sind ein Hauptunterschied zu früher“, sagt sie. Es sei heute mehr ein Geben und Nehmen. Und Tanzen – kann sie doch auch? „Wenn mich John Neumeier sehen würde – er bekäme die Krise“, kokettiert Daniela Ziegler.
Mit ihren (meist) streng zurückgebundenen dunklen Haaren, ihrer beeindruckenden Körperspannung und den nach außen gerichteten Füßen wirkt sie wie eine gereifte Prima Ballerina.
„Die Großherzogin von Gerolstein“ Premiere Do 24.11., 19.30, bis 8.1. 2023, Ernst Deutsch Theater (U Mundsburg), Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten zu 22,- (erm. 9,-) bis 44-: T. 22 70 14 20; www.ernst-deutsch-theater.de; Premierenkarten zu 39,- (inkl. Brezel, Freigetränk und Programm) in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Gr. Burstah 18-32.