Hamburg. Der Hamburger ist für viele Stars ein „Lieblingsgitarrist“ und damit unverzichtbarer Teil ihrer Live-Band. Über seinen Werdegang.
„Wenn Hardy Kayser spielt / schmilzt härtester Beton“, singt der Künstler Ernst Kahl in seinem gut 20 Jahre alten Song „Mein Lieblingsgitarrist“. Ein luftig-federndes Lied, das heute noch mehr als zutreffend ist. Ist der da gepriesene Hamburger Musiker doch der favorisierte Saitenkünstler von ganz unterschiedlichen Stars. Allen voran von Chansonnière Annett Louisan und von Sängerin Ina Müller.
Mit der Sing- und Sabbelkönigin ist Hardy Kayser noch bis zum April nächsten Jahres auf Tour. Und diesen Sonnabend ist die Band zum Heimspiel in der Hamburger Barclays Arena zu Gast. Zu erleben ist dann nicht nur Ina Müller und ihre explosiv schnackende Schnauze im Rampenlicht, sondern im Hintergrund eben auch jener Lieblingsgitarrist. Ruhige Ausstrahlung, freundliches Lächeln, gewitzter Blick. Und vor allem: ein unglaublich elegantes Gitarrenspiel. Ein Sound, der sich nicht aufdrängt. Der der Stimme dient. Und der doch eine ganz eigene Note hat. Fein, dynamisch, variantenreich.
Hardy Kayser: „Langeweile kennt man ja nicht"
„Ich hatte eine Initialzündung mit Chuck Berry. Den habe ich aus dem Radio auf Kassette aufgenommen und dann nachgespielt“, erzählt Hardy Kayser, geboren 1962. Seit seinem neunten Lebensjahr hat er sich selbst das Gitarrespielen beigebracht. Damals, in der 300-Seelengemeinde Gadendorf in Schleswig-Holstein.
„Langeweile kennt man ja nicht, wenn man sich die Zeit zu vertreiben weiß“, sagt Kayser und lächelt. Ein grundentspannter Typ, der sich die spielerische Leichtigkeit an seinem Instrument bewahrt hat. Jeden Tag greift er zu Hause in der Neustadt zu einer Gitarre aus seiner Sammlung und improvisiert frei daran. „Zwar ist mittlerweile eine Virtuosität vorhanden. Aber das Entdecken hört ja nie auf.“
Hardy Kayser lebte auf dem Land
Wie nur wenige in der hiesigen Szene ist Hardy Kayser innig mit ganz unterschiedlichen musikalischen Welten verbunden. Eine Neugierde und Bandbreite, die früh begann. Mitten auf dem Land, das für Kayser dank glücklicher menschlicher Fügungen eine große Inspirationsquelle war. „Als ich 14, 15 Jahre alt war, zog Ernst Kahl ins Nachbardorf. Das hat meinen Horizont enorm erweitert.“ Mit dem Cartoonisten, Autor und Sänger hat Kayser in den 90er- und Nuller-Jahren mehrere Platten aufgenommen. Dann bereits in Hamburg, wohin es die Dorfjugend nach Abi und Ausbildung zog.
An der Elbe schrieb Kayser sich für das Studium der Musikwissenschaften ein, bevorzugte jedoch die Praxis und verdiente sein Geld unter anderem mit brasilianischer Musik auf dem Kiez. Stets gab es neue Ideen, Aktionen, Konstellationen. Etwa: Die Maler. An diesem Projekt beteiligten sich neben Kahl auch Kaysers ehemaliger Klassenkamerad Daniel Richter, mittlerweile Künstlerstar, sowie sein Jugendfreund Schorsch Kamerun, heute Musiker, Regisseur und Autor.
Kayser arbeitete mit vielen Persönlichkeiten zusammen
Umgeben von durchaus ausgeprägten Charakteren, die ins Licht und an die Rampe strebten, wurde Kayser bald bewusst: „Das ist nicht meine Intention.“ Er ist vielmehr getrieben vom immer wieder kollektiven Potenzial. „Das Tolle an der Kunstform Musik ist ja, dass man sie zusammen ausüben kann.“
Es ist bestens vorstellbar, wie ausgleichend Kaysers Gemüt im gerne mal hochtourigen und gewiss nicht ego-armen Musikbetrieb wirken mag. Und auch wenn der Gitarrist bereits für ganz verschiedene Persönlichkeiten von Subkultur bis Pop gearbeitet hat: Alle eint, dass sie eine gewisse eigensinnige Qualität besitzen. Etwa der nonchalante Humor eines Rocko Schamoni. Oder die wahrhaftige Verve eines Gustav Peter Wöhler. Künstler, die Hardy Kayser jeweils über Jahre begleitet hat. Und: Auch Theaterleute brauchen den einen besonderen Lieblingsgitarristen. Sei es Liederabend-Meister Franz Wittenbrink in den 90ern oder Regisseur Christoph Marthaler in der jüngeren Vergangenheit.
„Das Instrument erzählt mir etwas"
Bei seinen Engagements konzentriert sich Hardy Kayser ganz auf seine Gitarre. „Das Instrument erzählt mir etwas. Ich möchte es singen lassen“, antwortet er auf die Frage, ob er nicht auch mal ans Mikro treten möchte. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Gemeinsam mit der Hamburger Autorin und Singer-Songwriterin Wiebke Colmorgen hat Hardy Kayser vor einem Jahr die „Plattplatte“ mit eigenen und neu interpretierten plattdütschen Liedern aufgenommen.
Herrlich lässig swingt da seine Gitarre. Und tatsächlich ertönt auch Kaysers Stimme, dunkel und warm und zum Teil im Duett mit seiner Teenager-Tochter Clara. Bei seiner „Muttersprache“, dem Plattdeutschen, könne er auch mal singen, das sei dieses Vertraute, erklärt Kayser.
„Ina ist ein solches Energiebündel"
Der Gitarrist ist weit mehr als das, was gemeinhin als „Mucker“ bezeichnet wird. Er arrangiert und komponiert. Und er hat die Musik für wunderbar eingängige Songs mitgeschrieben. Etwa für Annett Louisans beschwingtes „Das alles wär nie passiert“ oder für Ina Müllers melancholisch rockendes „Drei Männer her“.
„Ina ist ein solches Energiebündel. So lustig und so musikalisch. Und Annett kann so toll erzählen. Sie hat eine ganz besondere Art, das Publikum anzusprechen. Ich freue mich über jeden Abend, den ich mit diesen Künstlerinnen auf der Bühne verbringen kann.“ Mit viel Sympathie und Respekt spricht Hardy Kayser über seine aktuellen Chefinnen. Obwohl ihm das Wort „Chefin“ dabei nicht über die Lippen kommt. Es handele sich vielmehr um „mehrere Zeitfamilien“, denen er angehöre. Und die hat Kayser zum größten Teil selbst um sich geschart. Mit menschlichem und musikalischem Gespür.
Hardy Kayser: „Ich bin wohl verträglich genug"
Sowohl für Müller als auch für Louisan stellte er einst die jeweiligen Bands zusammen. „Die erste Platte von Annett haben wir 2004 innerhalb von fünf Tagen im Peermusic-Studio eingespielt. Das ist sehr schön, wenn sich in solchen Momenten alles fügt“, erzählt Kayser. „Bohème“ war damals eines der am schnellsten verkauften Debütalben in der deutschen Musikbranche.
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Warum er mit vielen Menschen so lange und gut zusammenarbeitet? Hardy Kayser hat eine für ihn typische Antwort, die zwischen Bescheidenheit und Augenzwinkern changiert: „Ich bin wohl verträglich genug.“
Ina Müller live mit Hardy Kayser und Band Sa 5.11., 20.00 Uhr, Barclays Arena, Tickets ab 53 Euro; www.inamueller.de