Hamburg. Der Satiriker spielt Sonntag sein Programm „Ich“ erstmals am Johannes-Brahms-Platz. Im Interview spricht er über sein Anti-Putin-Lied.

Bekannt wurde Lars Reichow auf Kleinkunstbühnen als „Der Klaviator“ und im Fernsehen als Gastgeber der SWR-„Spätschicht“ und jetzt bei „Comedy vom Rhein“, populär dank „Mainz bleibt Mainz“ in seiner Heimatstadt.

Warum der vielfach ausgezeichnete Musikkabarettist ein Anti-Putin-Lied schrieb und wie seine Karriere in Hamburg begann, erzählt er im Interview. Am Sonntag spielt der 58-Jährige erstmals in der Laeiszhalle.

Hamburger Abendblatt: Herr Reichow, Ihr erstes Soloprogramm hieß 1992 „Ich bin auf jeden Fall da“, Ihr aktuelles heißt schlicht „Ich“. Muss auch ein versierter Satiriker wie Sie im Twitter-Zeitalter alles verknappen…?

Lars Reichow: Wir leben in selbstbewussten Zeiten: Jeder kann sein Leben, sein Essen und seine Katze veröffentlichen. Aber auf einer echten Bühne, mit Scheinwerfern und einem Publikum, das extra angereist ist, gelten anspruchsvollere Regeln. Wer bezahlt hat, verdient ein musikalisch-sprachliches Feuerwerk zu Brexit, USA, Ampel, Kirche, Ehe, Familie und eben auch sehr viel Privates. In diesem Sinne knüpft „Ich“ an das erste Programm an.

1982 sind Sie in der Jazzband Ihres Vaters Bernd mit Kabarett-Legende Hanns Dieter Hüsch im Hamburger Audimax aufgetreten. Eine Inspiration?

Reichow: Es war sehr aufregend, fast unwirklich, so jung vor mehr als 1700 begeisterten Zuschauern Posaune zu spielen. Natürlich habe ich den Altmeister genau beobachtet, habe gesehen, wie viel Vergnügen es ihm bereitet hat, die Leute zum Lachen zu bringen, aber es gab auch ergreifende, ernste Momente. Die Mischung hat mich besonders beeindruckt, wohl auch geprägt.

Erwarten Sie Sonntag in der Laeiszhalle eher ein Konzert- als Kabarett-Publikum?

Reichow: Jede Stadt hat ihren Charakter, jeder Abend ist anders, jedes Publikum reagiert unterschiedlich. Als Publikum sind Hamburger ideal: kritisch, anspruchsvoll und begeisterungsfähig. Aber eben immer kontrolliert und nicht verschwenderisch.

Seit 2013 treten Sie auch bei „Mainz bleibt Mainz“ auf. Unterschiede zum Kabarett?

Reichow: Solch eine Fastnachts-Sendung ist eine große Herausforderung. Wann hat man als Kabarettist schon mal sechs Millionen Zuschauer an einem Abend? Ich liebe meine Rolle als Nachrichtensprecher, weil ich alles behaupten und dann noch kommentieren kann. Aber die Aufmerksamkeitsspanne im Fastnachts-Publikum entspricht der eines Grundschulkindes. Durch die Verkleidung und die Unmengen von Alkohol kann es zu erheblichen Einschränkungen kommen. Ich suche die schnelle Entscheidung am Zwerchfell.

Als Kontrast haben Sie im März das Musikvideo „Putins Krieg“ veröffentlicht, mit russischen Untertiteln. Was war der Grund?

Reichow: Ich musste irgendetwas tun, wir alle sind fassungslos angesichts der Brutalität und Erbarmungslosigkeit, mit der Putin vorgeht. Und wer verhandelt denn bitte mit dem Mörder seiner Kinder? Mit meiner Haltung und dem Lied will ich das Feuer der Hilfsbereitschaft gegenüber der Ukraine auflodern lassen. Gerade hat sich der ehemalige Botschafter Andreij Melnyk persönlich bei mir dafür bedankt.

Lars Reichow: „Ich“ So 6.11., 20.00, Laeiszhalle, Kleiner Saal, Karten ab 29,45 im Vvk; www.larsreichow.de