Hamburg. Ob Skateboard-Workshop für Jugendliche oder Café für Obdachlose: Der Hamburger Verein clubkinder engagiert sich für soziale Anliegen.
Eine lange Menschenschlange war vor wenigen Wochen vor dem Club Headcrash auf dem Hamburger Berg zu sehen: Das Reeperbahn Festival lief auf Hochtouren, und die Hamburger Alternative-Rockband Kill Strings ließ es im rappelvollen Headcrash krachen. Eine gute Aufwärmübung für kommende Auftritte im Vorprogramm von New Model Army in Hamburg und Bremen.
Aber Julian Lee, Sänger und Gitarrist der Kill Strings, wird weiterhin nur in Teilzeit den Rock-’n’-Roll-Lifestyle leben. Schließlich ist er auch noch Gymnasiallehrer für Englisch und Philosophie in Allermöhe – und zweiter Vorsitzender des Hamburger Vereins clubkinder.
Bossen: "Wir wollen das Ehrenamt cool machen"
„Die clubkinder unternehmen etwas gegen Einsamkeit und bringen Menschen zusammen“, berichten Lee, die erste clubkinder-Vorsitzende Larissa Gebken und Schatzmeisterin Eloise Bossen beim Treffen in der Kneipe Dschungel im Karoviertel. Schatzmeisterin, Erste Vorsitzende, Vereinssatzung, das klingt eigentlich eher nach Papierberg-Geraschel, Entlastung des Kassenwarts, nach grauen und beigen Halbmänteln, nach stillem Wasser aus Gastroflaschen.
Lee, Gebken und Bossen könnten eher als Rockband durchgehen und nicht als hochoffizieller, amtierender Vorstand eines gemeinnützigen Vereins. Aber genau deshalb tun sie das, was sie tun: „Wir wollen das Ehrenamt cool machen“, sagt Bossen.
clubkinder: Spendensammeln und Werben auf Partys
Der Verein Clubkinder wurde vor elf Jahren gegründet, um die Jugend- und Altenhilfe, Kunst und Kultur, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Umwelt und Tierschutz sowie – seit 2015 – Hilfe für Geflüchtete zu fördern. Eines der ersten Projekte war 2011 das „clubkinder Festival“, bei dem 72 Clubs und Bars, 181 Bands und DJs und 38 Partys Teile des Eintritts oder der Einnahmen aus speziellen Drinks spendeten.
Zuletzt organisierten die clubkinder die Aftershow-Party des Hamburger Comicfestivals, begleiteten die Millerntor Gallery in der KidsCorner, informierten Metalfans über ihren Verein beim Elbriot Festival oder luden zur Kneipentour mit dem Hamburger Chaos-Chor Goldkehlchen. „Wir wollen die Leute da abholen, wo sie feiern“, sagt Gebken, und das nicht nur, um Spenden zu generieren, sondern auch, um niederschwellig neue ehrenamtliche Unterstützende zu finden.
Café für Obdachlose, Skateboard-Workshops für Jugendliche
Von Aktionstagen in Altenheimen bis zu Skateboard-Workshops mit Jugendlichen reicht das Spektrum. Jeden Sonntag öffnet in der Kleinen Rainstraße 11 in Ottensen das Sonnenschein Café für Obdach- und Wohnungslose als Aufwärm- und Begegnungsstätte bei Kaffee und Kuchen, das von Gülay Ulaş und Sanja Kunze geleitet wird. Während der Corona-Zeit wurden mit Kindern Kunstkladden angefertigt, die in der Galerie Heliumcowboy Artspace ausgestellt wurden.
Mit Schülerinnen und Schülern und Prominenten wurden Bollerwagen gestaltet und für Menschen gespendet, die auf der Straße leben müssen. Immer neue Ideen entstehen – umso schneller, je mehr Köpfe und Netzwerke dahinterstecken.
Nur eine Hauptamtliche Mitarbeiterin bei clubkinder
„Derzeit sind wir im Kern 20 bis 25 Ehrenamtliche“, zählt Lee durch. Eloise Bossen ist die einzige hauptamtliche Mitarbeiterin in Vollzeit, die Papierkriegerin, die den Laden zusammenhält, und bezahlt aus dem Spendenaufkommen sowie durch die Klaus und Lore Rating Stiftung. Unterstützt wird sie seit August von Bundesfreiwilligendienst-Leistenden.
Wobei der erweiterte Kreis nicht mal für Gebken, im Beruf Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Hamburg, zu überblicken ist, obwohl sie sich bereits seit vier Jahren im Verein engagiert: „Das Netzwerk ist einfach zu groß. Allein unsere Facebook-Gruppe hat 1900 Mitglieder. Allerdings ist Facebook mittlerweile für unsere Zielgruppen tot, da haben wir uns schon Neues ausgedacht und sind auch bei Vostel (eine digitale Plattform für soziales Engagement – die Red.) und natürlich auch bei Instagram zu finden.“
Krisenzeiten machen es schwieriger, Ehreamtliche zu finden
Die Dynamik – immer neue Mitglieder, Fluktuation im Netzwerk und im Verein – ist bedingt durch das junge Durchschnittsalter der mobilen Generation, das Ende von Studiengängen, Berufseinstiege und Städtewechsel natürlich hoch. So kommen viele Ideen und Kontakte zusammen, aber Kontinuitäten müssen gut im Auge behalten werden, Und die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für die clubkinder, wie für viele andere, natürlich keine angenehme Zeit. Es gab wenig Möglichkeiten für Veranstaltungen. „Wir wachsen gerade erst wieder raus aus der Corona-Zeit“, sagt Gebken, und Lee ergänzt: „Das wird noch spannend.“
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Viele Selbstverständlichkeiten sind aus dem Fokus geraten, und in Zeiten von Pandemie, Krieg, Inflation und Energiekrise müssen immer mehr Menschen auf sich und ihr Umfeld achten, es bleibt weniger Zeit und Geld übrig für Stiftungen, gemeinnützige Vereine und wohltätige Organisationen.
Am 30. Oktober wird Halloween für einen guten Zweck gefeiert
Die clubkinder aber wollen am Beat der Zeit bleiben. Es ist eigentlich keine Überraschung, dass der Verein seit 2015 standesgemäß sogar einen eigenen Club hat: Im Unterm Strich unter dem Kiez-Club Moondoo auf der Reeperbahn steigen immer wieder Partys – zum Feiern, zum Kennenlernen und zum Spenden. Die nächste Sause im Unterm Strich steigt zu Halloween am 30. Oktober. „Keine Angst“, sagt Eloise Bossen, „wir beißen nicht.“
„clubkinder Hell-O-Ween“ So 30.10., 23.59, Unterm Strich (S Reeperbahn), Reeperbahn 136, Eingang Hinterhof, Eintritt 11,-, in Kostüm 9,-clubkinder e. V. Informationen und Termine unter www.clubkinder.de