Hamburg. Der Kabarettist Dirk Bielefeldt hört nach 35 Jahren mit seiner Figur auf. Am Mittwoch ist Abschiedsvorstellung im St. Pauli Theater.

Erstmals als Herr Holm trat Dirk Bielefeldt 1987 mit seiner Figur auf der Moorweide in André Hellers Vergnügungspark „Luna Luna“ auf – noch ohne Uniform neben Akrobaten und Kunstfurzern. Vier Jahre später spielte der Hamburger auf Kampnagel mit „Herr Holm – Keiner für alle“ sein erstes Kabarett-Programm als Polizist. Die „echten“ Kollegen hätten dem Treiben leider allzu oft Einhalt gebieten müssen, erinnert sich Bielefeldt schmunzelnd an seine Zeit als Straßenkünstler.

„Als neue Wirkungsstätte mit weniger staatlichem Zugriff“ suchte er sich das Theater, hier seit 1993 regelmäßig das St. Pauli Theater. Dort sagt Hamburgs populärster Bühnen-Bulle an diesem Mittwoch nun mit „Das Beste zum Schluss“ Tschüs. Bielefeldt kündigt für seine Abschiedstour bis Januar „auch ganz Neues“ an und moderiert noch im Hansa Varieté Theater. „Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere. Da bin ich ganz entspannt“, meint er.

Hamburger Abendblatt: Herr Bielefeldt, was mögen Sie an Herrn Holm noch immer?

Dirk Bielefeldt: Diese Mischung aus dem Angepassten, Spießigen, dem Bemühen, immer alles richtig zu machen und eben diesem gegenläufigen, anarchischen Moment, wo Menschen dann so ganz ihrem eigenen, mitunter irrem Regelsystem folgen, das aber für völlig normal halten. Und: Herr Holm hat eine durchaus philosophische Seite. Da äußert er dann Einsichten ins Leben, die nachdenklich stimmen und auch mir gefallen könnten. Ich selbst bin deutlich gemäßigter als Holm.

Allein im St. Pauli Theater haben Sie seit 1993 rund 250.000 Menschen in fast 600 Vorstellungen erlebt. Wie erklären Sie sich diese Popularität – über den Kiez hinaus?

Bielefeldt: Eine Figur, die auf der Bühne für zwei Stunden begeistern soll, muss verdichtet sein. Aber dieser Kerl hat eben verdammt viele charakterliche Merkmale, die man auch bei sich selbst, ganz sicher aber bei anderen entdeckt. Holm ist der Typ, den jeder kennt, nur noch ein bisschen intensiver. Und Herr Holm spielt immer in und mit einem Bühnenbild: Polizeiwache, Tresen, Fahrstuhl, Schrebergarten – visuelle Komik! Fast ein Alleinstellungsmerkmal.

Nur einmal, fürs Trio-Programm „Vorsicht Baustelle“, haben Sie die Polizei-Uniform gegen die eines Handwerkers getauscht – mit weniger Erfolg. War die Polizisten-Figur trotz des Titels „Ehrenkommissar der Polizei Hamburg“ doch mehr Fluch als Segen?

Bielefeldt: Man steht vor einem Paradox: Es soll immer das Gleiche sein, aber bitte auch immer neu. Die Gefahr besteht, dass man sich irgendwann im Kreis dreht. Ein Fluch war das nie. Es hat über 30 Jahre einfach ganz hervorragend funktioniert und dem Publikum und mir Riesenspaß gemacht.

Im Mai sind Sie 65 geworden. Der Grund, weshalb Sie mit Herrn Holm in Rente gehen?

Bielefeldt: Also, in Hamburg werden Polizeibeamte schon mit 60 Jahren in Pension geschickt. Da bin ich doch sehr beharrlich in meinem Diensteifer. Aber ich musste mich entscheiden: Schreibe ich noch mal ein komplett neues Programm mit dem Polizisten Holm? Dann kam Corona, und irgendwann war klar: Mit dem neuen könnte ich frühestens ab 2024 auf Tournee gehen. Alles sehr ungewiss. Da dachte ich, das Leben bietet bestimmt noch viele andere interessante und schöne Möglichkeiten.

„Das Beste zum Schluss“ Mi 26.10., 19.30, St. Pauli Theater, Spielbudenpl. 29/30, Karten zu 17,90 bis 37,90: T. 47 11 06 66; auch 8..12., 20.00, Lola Kulturzentrum Bergedorf; www.herrholm.de