Hamburg. Gründer der Hamburger A-cappella-Comedy-Band ist als Buchautor und Komponist auf neuen weiten Wegen: „Oh, wie schön ist Afrika...“!?
Er ist ein Mann mit vielen Talenten und Berufen. Und inzwischen nicht nur viel, sondern sehr weit gereist. Zwei Jahrzehnte lang war Sören Sieg eine der umtriebigsten Kräfte der Hamburger Kleinkunstszene. Mit der von ihm Mitte der 90er-Jahre an der Hochschule für Musik und Theater gegründeten Gruppe LaLeLu schuf er bundesweit sogar ein neues Genre: A-cappella-Comedy.
Doch vor einem Jahrzehnt war Schluss mit lustig und dem Touren – Sieg stieg aus. Und blieb bis auf wenige Anlässe wie zum 25. Jubiläum der Gruppe im Februar 2020 in der Laeiszhalle der Bühne fern. Zwar hat der frühere LaLeLu-Kopf auch einige Lieder und Textpassagen fürs neue Band-Programm „Alles richtig gemahct“ geschrieben, längst jedoch macht der nur 1,68 Meter große Kreativling sein eigenes Ding. Besser gesagt immer wieder neue Sachen und Projekte.
Sören Sieg auch musikalischer Leiter der Stachelschweine
In den Corona-Jahren 2020 und 2021 hatte der Tenor, Texter, Komponist, Arrangeur, Satiriker und Buchautor den Sören-Sieg-Musikvideowettbewerb ins Leben gerufen – mit mehr als 80 Einsendungen aus 32 Ländern und vier Kontinenten für ihn „ein Riesenerfolg“. Thema der eingereichten Videos waren seine Instrumentalkompositionen, das Preisgeld von jeweils 4000 Euro hatte der umtriebige Mittfünfziger selbst gestiftet.
Seine Instrumental-Kompositionen feierten nicht nur in europäischen Städten wie Antwerpen, Amsterdam, Basel und Paris Uraufführungen, auch in Minneapolis (USA), Sydney, Tokio und Taipeh erklangen Siegs Werke. Quasi nebenbei ist der gebürtige Elmshorner seit 2019 auch musikalischer Leiter des Berliner Kabaretts Die Stachelschweine.
Siegs Lied „Umbala“ singt LaLeLu bis heute gern als Zugabe
Wo fühlt sich ein Multi-Künstler wie Sieg eigentlich zu Hause? Schon vor der Pandemie hatte er das Couchsurfing für sich entdeckt, das kostenlose Übernachten – auf dem Sofa oder sogar im Bett – in Wohnungen anderer Mitglieder eines Internet-Netzwerks. Nach seinem Ausstieg bei LaLeLu 2012 war Sieg zunächst Gastgeber in Eimsbüttel und im Grindelviertel , danach hat er es selbst in sechs afrikanischen Ländern ausprobiert.
Liegt womöglich auch daran, dass Sören Sieg seine ersten beiden afrikanischen Suiten für Blockflötentrio schon vor drei Jahrzehnten geschrieben hat. „Die Afrikanische Suite Nummer zwei, .Pina ya phala‘, wurde unzählige Male auf CD aufgenommen und gehört zum Standardrepertoire bei Wettbewerben, Konzerten, Aufnahmeprüfungen und Abschlussexamen im Bereich Blockflöte“, erläutert Sieg nicht ohne Stolz. Und obwohl es wie eine afrikanische Weise klingt, hat Sieg das Lied „Umbala“ bereits vor 15 Jahren eigens für LaLeLu komponiert – seine Ex-Gruppe singt es bis heute gern als Zugabe.
Couchsurfing-Abenteuer: Siegs neues Buch „Oh, wie schön ist Afrika ...“
Kürzlich hat Sören Sieg seine Couchsurfing-Erfahrungen, vielmehr Abenteuer aus den vergangenen Jahren, in seinem Buch „Oh, wie schön ist Afrika ...“ unterhaltsam und aufschlussreich zusammengefasst. Als Autor hat er damit das Dutzend Bücher vollgemacht, zwei davon, „Ich bin eine Dame, Sie Arschloch!“ und „Ich hab dich rein optisch nicht verstanden“, standen auf der „Spiegel“-Bestsellerliste. Doch diesmal geht es Globetrotter Sieg nicht primär um den Erfolg. „Es gibt keine bessere Art zu reisen, wenn man dem Unbekannten, Unglaublichen begegnen will“, lautet ein Fazit seiner Aufenthalte bei 18 privaten Gastgebern. Für die hat er auf feine Hotelzimmer verzichtet.
Bei seiner ersten Gastgeberin in Nairobi (Kenia) hat es Sieg nur eine Nacht ausgehalten, im Laufe der Zeit dann doch viel mehr über Länder und Leute sowie das Leben südlich der Sahara. erfahren, dazu noch einiges Neues über sich. Als ein „Mzungu“, wie Weiße dort genannt werden, hat er zwar gelernt, dass es besser „Subsahara“- statt „Schwarz“-Afrika heißen solle. Jedoch: „Die Schwarzen sehen sich als Schwarze und uns als Weiße. Das ist für sie selbstverständlich“, erzählt Sieg. Er habe keinen einzigen Afrikaner getroffen, der etwas an Ausdrücken wie „Schwarzafrika“, „Stamm“, „Häuptling“ oder „Rasse“ auszusetzen gehabt hätte. „Das sind aus meiner Sicht rein innerwestliche Diskussionen“, meint Sieg. „Diese Idee, das Wort ,schwarz‘ sei negativ konnotiert, darüber würden Afrikaner nur lachen. Sie sind überhaupt nicht so übersensibel. Sie haben sehr viel Sinn für Humor.“
Sören Sieg von Reiseerfahrungen inspiriert
Seine Gastgeber regten sich nicht etwa über Kolonialismus auf, sondern über die Regeln zum Brautpreis, Sex mit Minderjährigen, über Vetternwirtschaft, Polizeiwillkür, Korruption und Stammesfehden. „Es gibt ein sehr großes Spektrum an Meinungen in Afrika, und diese Meinungen werden mit großer Verve, großem Genuss, großem Pathos, großer Deutlichkeit vorgetragen. Unsere ganze Ängstlichkeit, jemandem auf die Füße zu treten, habe ich dort nie erlebt“, sagt Sieg. „Als jemand, der gern politisch diskutiert, fand ich das sehr angenehm und erfrischend.“
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Mit seiner Redseligkeit und Lebhaftigkeit war Sieg für seine Ex-Combo LaLeLu und deren Umfeld nie ein einfacher Zeitgenosse. „Hier fiel ich fast immer total auf, in Afrika bin ich mit meinem Temperament eher im unteren Mittelfeld“, sagt Sieg lachend. Und seine Reiseerfahrungen im Süden jenes Kontinents haben ihn außer zum Buch noch zur CD „Amazing Africa“ inspiriert, sie enthält zwölf neue Klavierkompositionen, changierend zwischen Heiterkeit und Melancholie „Die zeitliche und thematische Koinzidenz ist auch in meinem Leben einmalig.“, sagt Sören Sieg. Ein Künstler, ein Thema – und gleich zwei neue Etappen einer bis dato ungewöhnlichen Karriere.
Buch „Oh, wie schön ist Afrika...“,Goldmann 320 Seiten, 16 Euro; CD „Amazing Africa“, 12,90; www.soerensieg.de