Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: „Carl Hagenbeck in seinem Tierpark“ von Lovis Corinth.
Eigentlich war sein Lieblingstier ja ein Löwe. Die Raubkatze Triest hatte Carl Hagenbeck (1844–1913) einmal das Leben gerettet, als er im Freigehege gestolpert und von einem Tiger angegriffen worden war. Die Sache ging gut aus. Aber das Lieblingstier der Tierparkbesucherinnen und -besucher war nun mal die Walrossdame Pallas. Also rückte der Maler Lovis Corinth (1858–1925) das große Tier an die Seite des Mannes, der Tierliebe und kaufmännisches Talent unter einen Hut brachte.
Kunsthalle Hamburg: 1907 eröffnet Hagenbeck den Tierpark
Carl Hagenbeck war erst 22 Jahre alt, als er den Tierhandel von seinem Vater Gottfried Claes Carl Hagenbeck übernahm. Der hatte auf dem Spielbudenplatz noch Seehunde in Holzbottichen als „Beifang“ von Elbfischern ausgestellt. Von dort ging es weiter zum Neuen Pferdemarkt. 1907 eröffnete Hagenbeck junior im damals noch preußischen Stellingen seinen neuen Tierpark. Das Interesse an exotischen Tieren wuchs damals ständig. Das spiegelte sich auch in Liedern wie Richard Germers Gassenhauer „Geh’n wir mal zu Hagenbeck?“ wider.
Der Hamburger hatte eine eigene Vision: Er wollte seine Tiere den Zuschauerinnen und Zuschauern in passenden Landschaften präsentieren. Eine der Attraktionen des Tierparks war damals die Löwenschlucht. Sie galt als weltweit erste gitterlose Raubtier-Freianlage.
Hagenbeck ist aber auch als Erfinder, der damals noch als spektakulär, heute längst als rassistisch geltenden „Völkerschauen“ in die Geschichte eingegangen; Menschen aus afrikanischen Ländern – Nubier, Singhalesen, Kalmüken, Beduinen und Äthiopier – wurden im Rahmen solcher Veranstaltungen zu Exponaten degradiert.
Hamburger Kunsthalle: Impressionismus mit 80 Exponaten
Das hier gezeigte Bild ist eine echte Hamburgensie. In Auftrag gegeben von Kunsthallen-Direktor Alfred Lichtwark, zeigt es den Tierparkchef in patriarchalischer Pose neben dem großen Meeressäuger. Und das lange, bevor Antje zum legendären NDR-Maskottchen wurde (1976– 2003). Das Gemälde, das Lovis Corinth im Jahr 1911 schuf, ist Teil der neu entwickelten Dauerausstellung „Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen“ in der Lichtwark-Galerie im zweiten Obergeschoss der Hamburger Kunsthalle und damit ein wesentlicher Bestandteil des Sammlungsrundgangs.
Mit rund 80 Exponaten – Gemälden, Plastiken und Pastellen – nimmt die Ausstellung den bedeutenden Bestand an Werken des Impressionismus in der Hamburger Kunsthalle in den Blick, um diesen in einem größeren globalen Zusammenhang zu zeigen.
Hamburger Kunsthalle: Impressionismus in Frankreich
Die Stilrichtung des Impressionismus wird gemeinhin mit Frankreich assoziiert: mit berühmten Künstlern wie Édouard Manet, Claude Monet oder Auguste Renoir, die zumeist ländliche Szenerien in hellen, lieblichen Farben auf die Leinwand brachten. Dass diese Einschätzung zu kurz greift, wird mit Blick auf andere Länder deutlich, in denen sich der Impressionismus, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, doch durchaus eigenständig entfaltete.
In Deutschland etwa prägte sie die Malerei bis weit in die 1920er-Jahre hinein und brachte das bekannte und schon zu Lebzeiten so benannte „Dreigestirn“ aus Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt zu Ruhm. Kurator Markus Bertsch vereint in der Ausstellung bedeutende Impressionismus-Vertreter beider Länder, zeigt ihre Parallelen wie auch ihre unterschiedlichen Zugänge und Stilistiken zur Malerei auf.
Hamburger Kunsthalle: Honorar für Hagenbeck-Porträt 4000 Mark
Akte und Porträts waren Corinths Spezialitäten. Im Jahr der Entstehung dieses Bildes erlitt der Maler einen Schlaganfall, der ihn halbseitig lähmte. Er malte jedoch weiter. Man betrachtet den Schlaganfall heute als Wendepunkt in Corinths Kunst. Danach seien die Bilder von größerer Innerlichkeit und stärkerem Ausdruck geprägt gewesen, heißt es.
Dass es sich um eine Auftragsarbeit handelt, wird ziemlich deutlich, ohne dass Corinth hier sein malerisches Handwerk verleugnet. Lichtwark sei damals von einem Corinth-Porträt des Historikers Eduard Meyer begeistert gewesen; so kam es zur Zusammenarbeit. Das Honorar des Künstlers für das Hagenbeck-Porträt betrug 4000 Mark.
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Sehr plakativ hat Corinth hier Hagenbeck, Pallas und die anderen Tiere auf die Leinwand gebannt. Wie aufgereiht stehen die Eisbären und Geweihträger im Hintergrund. In seinen späten Jahren hat der Künstler in erster Linie Radierungen, Lithografien und Buchillustrationen geschaffen. Von ihm stammt das Zitat: „Unwirklichkeit zu üben ist die schwerste und wesentlichste Aufgabe für einen Künstler.“ Das muss wohl vor diesem Bild gewesen sein.