Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: Salvador Dalí, „Die Geburt der flüssigen Ängste“.
Man bräuchte eigentlich nur den Hintergrund dieses Bildes zu sehen, um zu erraten, wer der Künstler ist. Salvador Dalí (1904– 1989) hat auf vielen seiner Werke so eine etwas seltsam verlaufende, einsam und staubig wirkende unendliche Weite gemalt. Der Übergang zum Horizont ist mehr zu erahnen, als zu erkennen.
Im linken Vordergrund sieht man eine seltsame Anordnung. Ist das aufrecht stehende Objekt ein Stein oder ein Baumstumpf? Um ihn halb herumgewickelt ein Blatt oder ein Stück Papier, das aussieht, als habe es der Wind dagegen geweht. Aus einem Loch im unteren Viertel ergießt sich eine Flüssigkeit auf den Boden. Dahinter einige aufgestapelte Steine.
Kunsthalle Hamburg: „Die Geburt der flüssigen Ängste“ von Salvador Dalí
„Die Geburt der flüssigen Ängste“ hat der Spanier sein 1932 entstandenes Bild genannt. Natürlich bleibt vieles rätselhaft, aber das soll es wohl auch. In dieser Zeit hatte Dalí ein großes Interesse an Sigmund Freud und seinen Schriften entwickelt. Es kam auch zu einem Treffen der beiden Männer, bei dem der Spanier den Österreicher von seiner „paranoisch-kritischen Methode“ überzeugen wollte. Vergeblich. Kurz danach endete Dalís freudianische Schaffensperiode.
Zwei Jahre vorher hatte der Regisseur Luis Buñuel den Film „Vier Minuten“ gedreht, der zeigt, wie Dalís Vater Seeigel aufschneidet und das Innere isst. Im Hintergrund sieht man Dalís Mutter, die starb, als ihr Sohn 17 war. Als Salvador sich in die zehn Jahre ältere und verheiratete Gala verliebt, wird er von seinem Vater verstoßen. Er sagte: „Ich musste, um Dalí zu werden, meinen Vater Dalí Y Cusy auf dem psychoanalytischen Altar opfern.“
Salvador Dalí: Ein Künstler mit überbordender Fantasie
Dalí war eine Zeit lang von Freud geradezu besessen. Die Traumdeutung bezeichnete er damals als „Hauptentdeckung meines Lebens“. Nach der Begegnung der Männer hat sich Dalí vorgestellt, dass Freud bei ihm bleibt, „die ganze Nacht an die Vorhänge geklammert“.
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Dalí war ein vielseitiger Künstler. Mit seiner überbordenden Fantasie ist er einer der herausragenden Maler des Surrealismus geworden. Die Welt des Unbewussten und der Träume hat er ab 1929 immer wieder dargestellt und damit Weltruhm errungen. Er schuf auch die Traumsequenz für Hitchcocks Film „Ich kämpfe um dich (Spellbound)“. Sein Werk hat der Künstler stets mit einer exzentrischen Selbstdarstellung begleitet. Aber er war auch ein hervorragender Techniker. Wer einmal dicht vor einem Dalí-Bild gestanden hat, weiß: Man sieht kaum einen Pinselstrich. So kann man dann auch solche Traumwelten entstehen lassen.