Hamburg. Am Freitagvormittag wurde das neue Fundus Theater feierlich eröffnet. Der Nachwuchs darf hier über das Programm mitbestimmen.

Welche Farbe hat eigentlich das Blut von Einhörnern? Das ist eine überaus wichtige Frage. Und das Fundus Theater findet nicht nur auf diese viele schöne, verspielte, kluge mögliche Antworten. Mit einer Gala und rund 100 Besucherinnen und Besuchern, darunter viel Polit- und Theaterprominenz, ist das preisgekrönte Forschungstheater für Kinder und Jugendliche in seine erste Saison am neuen Ort im neuen eigenen Haus gestartet. Passenderweise lautet die Adresse im Osten der Stadt nun Sievekingdamm 3/Platz der Kinderrechte.

Fundus Theater: Ideale Bedingungen für Kinder

Tatsächlich haben Kinder im Fundus Theater vielleicht mehr Rechte als anderswo – weil sie hier selbst mitwirken, spielen, Dinge erforschen können. Das Haus mit der einladenden Glasfront bietet ideale Bedingungen. Es erstreckt sich über drei Etagen auf rund 1000 Quadratmetern. Der einladende, in flexibler Größe bespielbare Theatersaal bietet 200 Zuschauern Platz. Die Licht-, Ton- und Videotechnik sind auf aktuellem Stand.

Theater sei der leere Raum, in dem man sich dem nicht Sichtbaren, anderen Realitäten zuwenden könne, so Kultursenator Carsten Brosda. Es gehe darum, „die Welt noch einmal anders zu sehen, anders zu träumen als sie da draußen ist“. Schon dafür liefert die performativ angelegte Eröffnung mit einer theatralen „Belastungsprobe“ zahlreiche Beispiele. Mit Hilfe von neuen VR-Brillen haben Kinder im Vorfeld selbst über insgesamt 40 Wunsch-Produktionen entschieden, die sie in ihrem Theater künftig sehen wollen.

Fundus Theater: Einzigartiges Konzept

Die Auswahl, die in kurzen Szenen an diesem Vormittag auf die Bühne gelangt, offenbart, wie gut das einzigartige Konzept des Theaters, das die künstlerische Leiterin Sibylle Peters immer als Forschungstheater begriffen hat, aufgeht. Auf der Bühne ist das Forschungstheater vertreten durch Hannah Kowalski, Sibylle Peters und Christopher Weymann. Zusätzlich haben sie sich mit Charlotte Pfeifer einen Clown, mit Michael von Schönberg einen Tanzbeauftragten und mit Bakary Trawally einen Zauberer eingeladen.

Gemeinsam geht es an eine muntere Umsetzung der Kinder-Wunschliste: Einhörner, Aliens, Meermenschen, Politikerinnen und Politiker, Eiswürfel, Erdbeeren, Abriss-Kugeln, Blut, ein Bällebad und eine Malmaschine. Letztere wird vom Clown auch gleich ausprobiert. Und per Tageslichtprojektor entstehen auf digitalem Wege wunderbare Malspuren auf der Bühne. Michael von Schönberg legt einen trocken gesprungenen dreifachen Eiskunstlauf-Axel hin. Und dann steigen alle in einen Bällebad-Wellnessbereich. Zahlreiche zugespielte Kinder-Stimmen erzählen, wer sich da alles erholen darf (vor allem Tiere, aber auch Eltern von ihren Kindern). Die junge Zoe, der Witzclown und Norbert Hackbusch (Die Linke) als Vertreter der Politik kommen zwischen bunten Kugeln in eine lebhafte Diskussion über Autoverzicht und heimisches Brotbacken, um die Erde zu retten.

Die Realität ist im Fundus Theater immer eine, die man verändern kann

Die Realität ist im Fundus Theater immer eine, die man verändern kann, in der man Dinge ausprobieren kann und mit der sich spielen lässt. Zum Wunschthema „Fluchtgeschichte“ unterhält sich Sibylle Peters mit Bakary Twarally über seine mehrmonatige Flucht aus Gambia. Ernste Momente mit gesellschaftspolitischem Hintergrund wechseln immer wieder mit spielerischer Unterhaltung und Humor. Peters und ihr Team thematisieren auch die eigenwillige Vorliebe von Kindern und Jugendlichen für Grusel und Horror – als humorvollen Weg mit Endlichkeit umzugehen. Schließlich kommen auch Theater-Beraterinnen und -Berater, allesamt Kinder mit nicht-deutschem Hintergrund, auf die Bühne. Und erläutern anschaulich und sehr lebendig, warum Theater eigentlich wie Fußball sein muss.

Das neue Fundus Theater ist ein wahres Geschenk für Kinder. Hier fühlen sie sich als Gesprächspartner ernst genommen. Und dass das funktioniert merkt man schon an diesem Vormittag. Alle sind mit Feuereifer dabei, und wenn es ums Mitmachen geht, recken sich sogleich unzählige Hände im Publikum in die Höhe.

Drei Wochen lang will man am Fundus Theater nun Eröffnung feiern mit Kindertheater, Performances und partizipativen Forschungsprojekten sowie interaktiven Installationen und Ausstellungen. Am 10. und 11. September ist erst einmal „Open House“. Kinder und Erwachsene sind eingeladen, das Haus zu erforschen und zu bespielen. Dabei können sie auch die von Tine Krieg und Sylvia Deinert konzipierte Installation „Die Versammlung der Dinge“ oder Tim Etchells’ und Vlatka Horvats „Table Animals“ besuchen oder den auf dem Platz der Kinderrechte aufgebauten „Palast der Mäuse und Menschen“ von Joshua Sofaer erklettern. Start geglückt.

„Open House“ Familienprogramm bis 29.9., u.a. Sa 10.9., 15 bis 19 Uhr, „Performance beyond Binaries“ So 11.9., 10.30 bis 18 Uhr, Fundus Theater / Forschungstheater, Sievekingdamm 3/Platz der Kinderrechte, Programm und Spielzeit-Info unter T. 250 72 70; www.fundus-theater.de