Hamburg. Der Auftritt funzt, und der Spaß überträgt sich auf das Publikum. Der Geiger Augustin Hadelich war beim SHMF schlicht herausragend.
Auf einer Liste mit herausragenden Geigern unserer Zeit gehört Augustin Hadelich ganz weit nach oben. Das hätten die Besucherinnen und Besucher seines SHMF-Auftritts in der Elbphilharmonie wahrscheinlich alle unterschrieben – wenn sie nicht gerade damit beschäftigt gewesen wären, sich die Hände wund zu klatschen. Nach einer sensationellen Aufführung des Violinkonzerts von Antonin Dvorak, bei der Hadelich das WDR Sinfonieorchester unter Leitung von Cristian Macelaru als ebenso verlässliche wie empathische Partner an der Seite, beziehungsweise im Rücken hatte.
Elbphilharmonie: Hadelich begeistert das Publikum
Dvorak hat den Solopart seines Konzerts mit happigen Herausforderungen gespickt: Fiese Doppelgriffe, virtuose Läufe, wilde Sprünge zwischen hoher und tiefer Lage. Bei Hadelich klingt das alles aber gar nicht besonders schwer, sondern ganz organisch. Weil der deutsch-US-amerikanische Geiger, 1984 in Italien geboren, Instrument und Bogen so sicher im Griff hat und mit einer solchen technischen Vollendung bespielt, dass es nie angestrengt rüberkommt. Und weil das üppig besetzte Orchester ihm auch den Raum lässt, mit seinen Feinheiten durchzudringen.
Damit kann Hadelich den Fokus ganz auf die Musik lenken. Und die ist einfach herrlich. Mit ihren slawisch gefärbten Melodien, die auf seiner Guarneri del Gesù-Geige besonders edel klingen. Hinreißend der sanft schwingende Gesang im zweiten Satz, der Süße und Wärme verströmt, aber nie ins Kitschige glitscht. Mitreißend aber auch das Finale, dessen tänzerische Rhythmen von der Volksmusik inspiriert sind. Die Finger rasen, der Bogen hüpft, die Geige blitzt und funkelt. Aber immer im Dienst des Stücks. Hadelich weiß genau, wo er führen und wo er eher zurücktreten darf. Das Solo der Flöte begleitet er sensibel, wie mit Ohren am Hinterkopf. Er ist eben nicht nur ein toller Geiger, sondern ein großartiger Musiker. Das demonstriert er auch mit zwei Zugaben.
Die Interpreten genießen den satten Sound des Stücks
Gar nicht so einfach, an so eine erste Hälfte anzuknüpfen. Aber Cristian Macelaru und sein Orchester halten das Energielevel auch ohne Solisten hoch. Mit Brahms‘ g-Moll-Klavierquartett, von Schönberg bearbeitet und zum üppig besetzten Orchesterwerk aufgepimpt.
Die Interpreten genießen den satten Sound und den Farbreichtum des Stücks, das eine große Bandbreite an Stimmungen durchlebt: von Wehmut und inniger Zärtlichkeit bis zum ungarischen Feuer. Wie schon vor der Pause, präsentieren sich die Musikerinnen und Musiker vom WDR Sinfonieorchester hier als gut eingespieltes Team. Eigentlich unfair, jemanden besonders hervorzuheben. Aber wie souverän und schön die beiden jungen Hornistinnen ihre Töne ansetzen und ausblenden, das ist schon ein echter Hinhörer. Ebenso wie die auffällige Präsenz der Bratschengruppe.
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Der Spaß überträgt sich auf das Publikum
Überhaupt, die Mittelstimmen. Da gibt es ja bei Brahms besonders viel zu entdecken. Das weiß Macelaru natürlich, und das fördert er auch zutage. Er dirigiert nie für die Galerie, sondern für sein Orchester und die Musik, er hat immer auch die Zwischentöne im Blick. Doch wenn Schönberg am Ende Blechbläser, Trommel und Beckenschläge zu einem rauschenden Tschingderassa vereint, wenn das Finale von Brahms dadurch fast ein bisschen jahrmarkthaft draufloslärmt, dann kann Macelaru schon auch mal die Sau rauslassen.
Er und sein Orchester haben spürbar Spaß. Das funzt und überträgt sich aufs Publikum. Zwei Zugaben auch hier, zum Abschluss eines tollen Festivalabends.