Hamburg. Der Wahlhamburger Horst Werner ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Was nun mit seinem Ausstellungshaus passieren soll.
Nicht nur Künstler dürfen Träume haben und diese auf ihre Art kreativ ausdrücken und gestalten. Auch Kulturmacher haben Träume. Horst Werner hatte seinen größten Traum bereits 2007 verwirklicht: Er eröffnete im damaligen Stadtteil Hamm-Süd – heute Hamm – die Fabrik der Künste. Ein Haus für vielfältige künstlerische Veranstaltungen mitten in einem schmuddeligen Industriegebiet, drei Kilometer entfernt vom Hamburger Hauptbahnhof – sehr unkonventionell. Inzwischen ist die Fabrik der Künste eine Institution in der Stadt. Und sie soll es auch ohne Horst Werner bleiben: Wie jetzt bekannt wurde, ist der Besitzer und Betreiber der Fabrik der Künste im Alter von 85 Jahren gestorben.
Das 15. Jubiläum des Hauses und die Eröffnung der noch bis Sonntag laufenden Schau „40 Jahre Pressefotografie“ konnte Werner Mitte Juli schon nicht mehr feiern. Die hatte er ebenfalls als „Traum“ bezeichnet, da mit Carsten Brosda (SPD) erstmals ein Hamburger Kultursenator bei einer Ausstellungseröffnung in seinem Haus sprach. Im Juni hatte Werner selbst noch zur Verleihung des zweiten Hamburger Bilderbuchpreises durch den von ihm mitgegründeten Verein Neues Bilderbuch e.V. in die Fabrik der Künste geladen. Er wollte die künstlerische Arbeit von Illustratoren unterstützen und deren Werke vorstellen.
Horst Werner realisierte nach der Jahrtausendwende seinen Lebenstraum
Dass die Illustration ihm ein Anliegen war, mag an seiner Herkunft und seinem Talent gelegen haben. In einer Architektenfamilie in Salzwedel (Sachsen-Anhalt) fing er als Kind an, früh zu zeichnen. Zog mit dem Vater dann 1949 nach Berlin, lebte im Westen, ging im Osten zur Schule und wohnte jahrelang im Keller einer zerbombten Kirche. Er studierte Grafik und kam 1957 nach Hamburg, um zunächst Werbeleiter einer Strumpffirma zu werden. Als Selbstständiger betrieb er dann sowohl Corporate Design als auch klassische Werbung und stieg über einen Freund ins Geschäft mit Autoteilen ein. „Dabei hatte ich selbst nicht viel Ahnung von Autos“, sagte er mal dem Abendblatt.
Das Geld, das er nach der Jahrtausendwende durch die Übernahme seiner Firmen von einem großen Automobilzulieferer bekommt, behält er nicht für sich, er realisiert seinen Lebenstraum: Horst Werner lässt die frühere Seilerei in Hamm-Süd, die er erworben hat, zur Fabrik der Künste umbauen. Auf zwei Etagen entsteht mit hohen und hellen Fenstern an der Straße Kreuzbrook ein modernen Veranstaltungskomplex auch für Konzerte, Schauspiel, Lesungen und Tanz.
Aktuell mit den "Corona-Cartoons" während der Pandemie
Aus ersten Ausstellungen mit Hobby- oder semi-professionellen Künstlern wird schnell mehr. Horst Werner holt außer deutschen auch international bekannte Künstler nach Hamburg. Dafür fährt er gern nach Wien zum polarisierenden Surrealisten Ernst Fuchs oder nach Zürich zu HR Giger. Die Retrospektive des Schweizer Malers und Zeichners, der als Kostümbildner für „Alien“ 1978 einen Oscar bekommen hat, wollen vor einem Jahrzehnt rund 12.000 Menschen sehen. Da hat sich die Fabrik der Künste endgültig als Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst etabliert.
Dass Horst Werner zu deren 50. Jubiläum 2013 die Werkstatt Rixdorfer Drucke, bekannt als „Die Rixdorfer“, um Uwe Bremer und „Ali“ Schindehütte aus Berlin nach Hamburg-Hamm lockt, freut ihn umso mehr. Bruno Bruni, Wahlhamburger wie er, hat Horst Werner gleich mehrere Ausstellungen gewidmet, zuletzt im vergangenen Herbst eine Gruppenschau. Schon im Mai 2020, gleich nach dem ersten Lockdown, bewies Werner, wie aktuell er sein konnte, indem er mit den „Corona-Cartoons“ der Künstlergruppe Hamburger Strich (u.a. Miriam Wurster, Tetsche, Till Mette) Raum gab, die Krise humoristisch zu verarbeiten.
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Horst Werner: Fabrik der Künste soll als sein Lebenswerk weiterbestehen
„Einen wunderbaren Idealisten, stets interessiert an Neuem und an den Menschen“, so beschreibt die langjährige Mitarbeiterin Katharina Hecker ihren Chef. Zum siebenköpfigen Fabrik-Team gehören auch Horst Werners Sohn Michael und Tochter Nicole sowie Saskia Danielewsky als künstlerische Leiterin. Noch zu Lebzeiten hat Horst Werner, dessen Frau in diesem Frühjahr gestorben war, eine gemeinnützige GmbH gegründet. So soll die Fabrik der Künste als sein Lebenswerk weiterbestehen. Kein Traum, sondern Tatsache.