Hamburg. Zwei neue Alben von John Scofield und Al Di Meola, Paco de Lucia und John McLaughlin – Pflichtstoff für Jazz-Fans.

Das Publikum tobt vor Begeisterung, die Musiker peitschen sich gegenseitig zu immer neuen Höhenflügen, gehen an Grenzen des technisch Machbaren und, so fühlt es sich jedenfalls an, weit darüber hinaus. Was 1981 den Livemitschnitt „Friday Night In San Francisco“ von Al Di Meola, Paco de Lucia und John McLaugh­lin zum Verkaufsschlager machte, wird nun, nach mehr als 40 Jahren, fortgesetzt, denn „Saturday Night In San Francisco“ (Ear Music) schließt eine schmerzliche Veröffentlichungslücke.

Jazz
Jazz © earMUSIC | earMUSIC

Als die drei Ausnahmegitarristen im Juni 1980 im Warfield Theatre von San Francisco auftraten, war es das Finale einer monatelangen Tour und natürlich liefen die Bandmaschinen, um zu dokumentieren, wie hier Jazz, Rock, Flamenco, indische Klassik und Pop-Elemente aufeinandertrafen. Doch obwohl „Friday Night …“ ein so überragender künstlerischer und kommerzieller Erfolg war, blieb der Abend darauf eine Archivleiche – bis jetzt. Wer nun endlich hört, was damals gespielt wurde, kann nicht anders, als vollkommen mitgerissen sein von der Energie, die sich da Bahn bricht.

Man habe sich gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen getrieben und die jeweils anderen auf der Bühne beeindrucken wollen, berichtet Al Di Meola im Album-Booklet, das habe auch ihn auf ein bisher unerreichtes Level getrieben. Tatsächlich ist „Saturday Night In San Francisco“ ein rauschhaftes Erlebnis, auch in den eher introspektiven Passagen, etwa der „Trilogy Suite“, und reiht sich ein in den Kanon der unverzichtbaren Live-Alben, die ein zentrales Kapitel der Jazz­geschichte dokumentieren. Fürwahr ein „Meeting Of The Spirits“, da passt der Titel der John McLaughlin-Komposition, die dieses Album beschließt, perfekt.

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John Scofield: Ein meditatives Album, das aus sich heraus wirkt

Nach dieser Pulsbeschleunigung lässt es sich mit dem Album eines anderen Gitarristen wunderbar wieder runterkommen: Allein mit seiner E-Gitarre und einem
Effektgerät saß John Scofield im Januar dieses Jahres nicht nur auf der Elbphilharmonie-Bühne, ein paar Monate vorher hatte er das Programm auch für das ECM-Label im Studio eingespielt. „Solo“ vereint Stücke von Keith Jarrett („Coral“), Buddy Holly und Norman Petty („Not Fade Away“, die meisten kennen es von den Rolling Stones) und „You Win Again“ (Hank Williams) mit Eigenkompositionen.

John Scofield
John Scofield © ECM | ECM

Es sind feine Aquarelle aus Tönen, die der 70-Jährige hier zeichnet, unaufgeregt und mit einer Eleganz, die nur dann möglich ist, wenn Technik längst keine Rolle mehr spielt und das Gefühl die Führung übernimmt. Ein meditatives Album, das aus sich heraus wirkt und keine Erklärungen bräuchte. Trotzdem schön, dass John Scofield im Booklet jede Nummer kurz kommentiert und sich dabei vor John Coltrane, Chet Baker oder Professor Longhair ebenso verbeugt wie vor seiner Frau Susan, die ganz offensichtlich einigen Einfluss (auch) auf sein musikalisches Oeuvre hat.