Hamburg. „Macht. Mittel. Geld“: Zur Triennale der Photographie wagt sich das Museum für Hamburgische Geschichte an ein Experiment.

Über Musik zu schreiben sei wie auf Architektur zu tanzen. Dieser wunderbare Satz, ob er nun von John Cage oder Elvis Costello stammt, kommt einem in den Sinn, wenn man die Ausstellungsankündigung zur 8. Triennale der Photographie im Museum für Hamburgische Geschichte (MHG) liest. „Macht. Mittel. Geld“ lautet der Titel, der ganz direkt auf das Festival-Thema „Currency“, englisch für Währung, einzuzahlen scheint.

Zugrunde liegt dieser Ausstellung eine der umfassendsten und kostbarsten Münzsammlungen Europas. Und die deutsch-mexikanische Choreografin und Kuratorin Yolanda Gutièrrez hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf eben dieser Sammlung eine Tanzperformance aufzubauen. Wie tanzt man zu einer Münzsammlung? Was sich zunächst abstrakt bis absurd anhört, wird beim Erleben der Darbietung von Tänzerin Eva Lomby mit faszinierendem Leben gefüllt.

Triennale in Hamburg: Münzen als kaum beachtete Zeugnisse der Vergangenheit

Mit dem Einsetzen der rhythmisch sich wiederholenden Klänge, die Yolanda Gutièrrez vom Band abspielt, bewegt sie sich langsam von der mächtigen Treppe vom zweiten in den ersten Stock des Museums auf das Publikum zu und zieht ein an Geldstücke erinnerndes, kupferfarbenes Pailletten-Cape aus, lässt dies nachlässig zu Boden gleiten. Ihre Figuren, die zwischen klassischem Ballett und experimentellem Ausdruckstanz oszillieren, ziehen die Zuschauer in ihren Bann.

Dazwischen hält Eva Lomby inne, verharrt in bedeutungsvollen Posen – mal formt sie mit den Fingern zwei imaginäre Geldstücke vor ihren Augen, mal streckt sie dem Publikum ihre leeren Hände wie um Geld bittend entgegen. Im Zentrum dieser Performance stehen die Fotografien des ruandischen Künstlers Chris Schwagga. Sie spiegeln die tänzerischen Posen wider, sind mal in Bewegung, mal in Stille, und ermöglichen unterschiedliche Zugänge zu den Kolonialmünzen, die ab 1904 in Hamburg und Berlin geprägt wurden und als Zahlungsmittel in den afrikanischen Kolonien des Deutschen Reiches dienten.

Yolanda Gutièrrez: „Durch Chris Schwaggas Fotografien betrachten wir die koloniale Vergangenheit als einen Teil der Geschichte, in der die Unterdrückten die Handelnden und zum Subjekt der Ereignisse werden.“ Die Münzen als bisher kaum beachtete Zeugnisse einer deutschen Vergangenheit, die von Ausbeutung, Gewalt und Unterdrückung gekennzeichnet war. Ebenso wie Münzen um die Welt rotieren, zirkulieren heute auch Fotografien – und bilden ihre ganz eigene, mächtige Währung.

„Mit ihrer Arbeit und ihrer Perspektive erobern die Akteure dieser Performance einen Teil der Geschichte zurück“, so Ralf Wiechmann, Kurator für Numismatik am MHG. Oder, mit den Worten von Direktorin Bettina Probst, die dieses Experiment ganz bewusst unternommen hat, um die Geschichte ihrer Sammlung aufzubrechen: „Diese Treppe ist nach dem Tanz von Eva Lomby nicht mehr dieselbe.“

„Macht. Mittel. Geld“ bis 15.8., Museum für Hamburgische Geschichte (U St. Pauli), Holstenwall 24, Mo, Mi-Fr 10.00-17.00, Do 10.00-21.00, Tanzperformance 2./3.6., jew. 14.00, Eintritt 8,50/5,- (erm.), www.shmh.de