Hamburg. Das Motto der Spielzeit 22/23 lautet am Ernst Deutsch Theater „klar kommen“ – mit Ibsen, Goethe, einer Operette und Marlene Dietrich.
Ein Theaterspielplan ist nicht nur die möglichst abwechslungsreiche Aneinanderreihung von Premieren und Vorstellungen. Er ist auch ein Statement – oder kann es sein. Das Ernst Deutsch Theater (EDT) hat sich immer als eine explizit antifaschistische Bühne begriffen und diese Tradition auch in der Stückauswahl sehr sichtbar gemacht. Die Möglichkeit mit Theater auf die Welt einwirken zu können, wird am Friedrich-Schütter-Platz ernst genommen und aktiv gelebt. Auch in der kommenden Saison will Isabella Vértes-Schütter „Grenzen überwinden“, das Thema „Mitmenschlichkeit“ steht für die Intendantin im Zentrum ihres Programms.
Sie sei „fassungslos“ angesichts des Krieges in der Ukraine, sagt Vértes-Schütter deutlich, zumal „die Corona-Pandemie mit ihren gewaltigen Folgen längst nicht überwunden“ sei. Im Spielzeitmotto finden sich nun beide Ereignisse: „klar kommen“ lautet es, da schwingt die Notwendigkeit einer Resilienz angesichts der diversen Schrecken unserer Gegenwart mit. Und, natürlich, die nachdrückliche Aufforderung zum Theaterbesuch: Na klar – kommen!
Theater Hamburg: Ibsens „Gespenster“ feiert Premiere
Diese Einladung nimmt, so scheint es, das Publikum an der Mundsburg schon jetzt gern an. Während andere Hamburger Bühnen eine deutliche Zurückhaltung an der Kartenkasse beobachten, sei die Situation am Ernst Deutsch Theater stabil, erklärt Geschäftsführer Jens-Peter Löwendorf, das Interesse steige sogar. Das Theater bleibt trotzdem bis Jahresende bei der „freiwilligen Selbstbeschränkung“, mit einer sanften Steigerung auf demnächst 60 Prozent Belegung. Der Wunsch nach dieser Vorsicht habe sich aus zahlreichen Gesprächen mit dem Stammpublikum ergeben. „So haben sich alle bei uns sicher und wohl gefühlt“, so Löwendorf.
Zum Spielzeitauftakt am 1. September feiert eine Produktion Premiere, die längst geplant und dann der Corona-Schließung zum Opfer gefallen war: Ibsens „Gespenster“ in der Regie von Christoph Tomanek mit Christian Nickel, Katharina Abt und Janek Maudrich – der zwar mittlerweile fest an den Münchner Kammerspielen engagiert ist, aber eigens für das Ernst Deutsch Theater dort freigestellt wurde. Auch „Die Mitschuldigen“ des sehr jungen Goethe (Premiere am 6. Oktober) entsprang ursprünglich einer Corona-Idee. Ein intimes Stück, das Wolf-Dietrich Sprenger nun fast punktgenau zu seinem 80. Geburtstag auf die Bühne bringen wird.
Daniela Ziegler feiert Bühnenjubiläum
Pompöser wird es dann mit der Offenbach-Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“. Ein „Feuerwerk“ verspricht Isabella Vértes-Schütter – und „ein großes Anti-Kriegsstück“. Die Schauspielerin Daniela Ziegler feiert mit der ersten Operette am Ernst Deutsch Theater ihr 50. Bühnenjubiläum.
Noch einmal Ziegler, aber diesmal aus den USA: Im Januar inszeniert der Schweizer Elias Perrig die deutsche Erstaufführung „The Wanderers“, ein Stück der amerikanischen Gegenwartsdramatikerin Anna Ziegler, die am EDT schon mit „Foto 51“ präsent war. Diesmal geht es um eine jüdisch-orthodoxe Glaubensgemeinschaft. Ein „genau gezeichnetes Psychogramm, das die alltägliche Gewalt beleuchtet“ zeigt John Hopkins’ „Diese Geschichte von Ihnen“ (16. März) mit Boris Aljinovic, Ulrich Bähnk, Stephan Schad und erneut Katharina Abt.
Theater Hamburg: Anton Pleva gibt sein Regie-Debüt
Einen Publikumsrenner verspricht die Inszenierung „Spatz und Engel“ über eine von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtete Frauenfreundschaft: Vasiliki Roussi und Anika Mauer (die zuletzt in „Harper Regan“ begeisterte) spielen vom 20. April an Edith Piaf und Marlene Dietrich. Zum Spielzeitende gibt Anton Pleva dann sein Regie-Debüt auf der großen Bühne mit Wedekinds „Frühlings Erwachen“, und das Weihnachtsmärchen wird traditionell von Hartmut Uhlemann ins Szene gesetzt: „Schneewittchen“ begegnet ihren Zwergen am 11. November.
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Das Talk-Labor „Wahnsinn trifft Methode“, in dem Dieter Lenzen, ehemaliger Universitätspräsident, und Moderatorin Julia-Niharika Sen durch den Abend führen, zieht aus dem Thalia-Nachtasyl auf die große EDT-Bühne – und bekommt Verstärkung: Als Sidekick und „Störenfried“ steht Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider an der Bar.
Das Ernst Deutsch Theater ist TreuePartner vom Hamburger Abendblatt und bietet Abendblatt-Abonnenten für viele Vorstellungen bis zu 25 Prozent Rabatt.