Monaco. Gitarrist John McLaughlin hat Musikgeschichte geschrieben. Nach Hamburg kommt der Brite Anfang Juni mit seiner Band „The 4th Dimension“.

John McLaughlin ist ein glücklicher Mensch. So wirkt es jedenfalls beim Anruf in seinem Haus im sonnigen Monaco: Optimismus strahlt aus beinahe jedem Satz – und das nach zwei Jahren Pandemie, die auch die britische Jazzlegende fast vollkommen ausgebremst hat.

Gerade erst wurde eine Deutschland-Tour kurzfristig abgesagt, weil der Kartenverkauf noch nicht wieder so lief, wie erhofft. „Manche haben weiterhin Angst sich anzustecken und gehen deshalb nicht in ein Konzert, anderen fehlt derzeit einfach das Geld für Kultur“, resümiert McLaughlin. Aber deshalb in Depressionen verfallen? Nein, so ein Typ ist er nicht.

Eine Legende beim Elbjazz Festival – John McLaughlin kommt als Headliner

Sondern einer, der die Dinge nimmt, wie sie kommen und akzeptiert, dass manches eben nicht zu ändern ist. Und der weiß, dass in den vergangenen 50 Karrierejahren eine ganze Menge ausgesprochen gut lief. Wenn er als Headliner Anfang Juni mit seiner Band The 4th Dimension zum Elbjazz Festival kommt, dann kann er auf eine Geschichte zurückblicken, die selbst im traditionsreichen Jazz selten ist.

John McLaughlin spielte in der Band von Miles Davis die Klassiker „In A Silent Way“ und „Bitches Brew“ ein, gründete in den 70ern das Mahavishnu Orchestra, das Rock mit Jazz verband und zur Speerspitze des Fusion-Sounds wurde, ließ bei Shakti indische auf westliche Musik treffen und bildete mit Al Di Meola und Paco de Lucía ein legendäres Gitarrentrio.

Yoga- und Meditationsübungen halten ihn im Gleichgewicht

„Ich habe großes Glück gehabt“, sagt der heute 80-Jährige. Das mag stimmen, vor allem aber ist er ein Ausnahmemusiker, der schon im Alter von elf Jahren seine Bestimmung fand. „Ich habe als Kind mit dem Piano begonnen“, erzählt er, „aber dann habe ich mich Hals über Kopf in die Gitarre verliebt und es ist immer noch eine Liebesaffäre.“ Bis heute spiele er jeden Tag, eine Art Psychohy­giene, die ihn ebenso im Gleichgewicht hält, wie die Meditations- und Yoga-Übungen, die ihn seit den 70er-Jahren begleiten.

Dass er inzwischen seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, ist für ihn jedenfalls kein Grund, an den künstlerischen Ruhestand auch nur zu denken. „Was soll ich tun? Mit einem Glas Whisky auf dem Sofa sitzen und in der Vergangenheit schwelgen? Nein, mein Körper mag altern, aber geistig bin ich heute kein anderer, als vor 30 oder 40 Jahren.“

Kreative Arbeit geht für ihn immer weiter

Überhaupt, die Vergangenheit: Natürlich erinnert McLaughlin sich gern an geliebte Kollegen, von denen manche, wie der Basist Jaco Pastorius, längst gestorben sind, aber darüber die Gegenwart vergessen? „Der jetzige Moment ist der einzige, den wir haben, denn die Vergangenheit ist vorbei und die Zukunft existiert noch nicht.“ Ein Satz, der klingen kann wie abgelesen vom Esoterik-Wandkalender, doch bei John McLaughlin wirkt er absolut wahrhaftig.

Am frühen Morgen sei er in den Bergen der Umgebung gewandert, später werde er noch ein paar Runden im Pool drehen – und dann gewiss wieder zur Gitarre greifen. Schließlich gehe für ihn die kreative Arbeit immer weiter und es solle eben nicht bei Retrospektiven wie dem aktuellen Best-of seiner zahlreichen Auftritte beim Montreux Jazz Festival bleiben.

Eine Legende beim Elbjazz Festival – nach Konzert-Durststrecke wieder auf der Bühne

Mit The 4th Dimension hat er im vergangenen Jahr ein Album veröffentlicht, das an seine große Fusionzeit anknüpft, eine Zeit, in der er etwa mit Schlagzeuger Billy Cobham und Keyboarder Jan Hammer auch die Welt der Rockfans eroberte. Das Album „Birds Of Fire“ wurde 1973 sogar mit einer Gol­­-
denen Schallplatte ausgezeichnet und viele, die McLaughlins großes Vorbild Jimi Hendrix liebten, fanden damals auch am wilden Mahavishnu-Sound Gefallen.

Nicht nur, weil er nach einer langen Konzert-Durststrecke endlich wieder auf der Bühne stehen werde, freue er sich ganz besonders auf das Elbjazz, sagt John McLaughlin zum Abschied. Sondern auch, weil ihn mit Hamburg eine unvergessliche Geschichte verbinde: „In eurer Stadt habe ich einst mein großes Vorbild Muhammad Ali getroffen. Der rote Everlast-Boxhandschuh, den er damals für mich signiert hat, ist bis heute mein wertvollster Besitz. Wie könnte ich diese Stadt also nicht lieben?“

Das Glück der kleinen und großen Dinge, das Glück des Augenblicks: John McLaughlin weiß es ganz offensichtlich zu genießen.

Elbjazz Festival Fr/Sa 3./4.6., Blohm+Voss, Elbphilharmonie u.a., komplettes Programm und Karten von 68,75 bis 122,75 unter elbjazz.de