Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: Wassily Kandinskys „Weißer Punkt (Komposition 248)“.
Eigentlich war Wassily Kandinsky (1866-1944) beruflich schon auf einem ganz anderen Weg. Der gebürtige Moskauer hatte Jura und Volkswirtschaftslehre studiert, wurde sogar Attaché der juristischen Fakultät in Moskau. Aber sein Vater hatte auch schon früh die musischen Talente seines Sohnes gefördert, und auf seinen Reisen ging er oft in die Museen, um die Bilder in Augenschein zu nehmen. 1896 legte er dann seinen alten Beruf nieder und ging nach München, um Kunst zu studieren.
Gabriele Münter wurde seine Lebensgefährtin. Beide gründeten die „Neue Künstlervereinigung München“. Der schlossen sich zunächst auch August Macke und Paul Klee an, bevor sie alle zusammen 1911 die Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“ ins Leben riefen, um die Kunst gründlich zu reformieren.
Kunsthalle Hamburg: Bilder immer abstrakter
Kandinskys erste Bilder sind noch stark vom Jugendstil geprägt, er konzentrierte sich auf Akt- und Naturstudien und malte auch Bilder über das russische Leben („Motifs russes“). Aber nach und nach verabschiedete er sich von der Gegenständlichkeit, seine Bilder wurden immer abstrakter. Beim „Weißen Punkt (Komposition 248“) hat er Dreiecke, Zickzacklinien, gebogene Formen und Geraden kombiniert und auf einen Hintergrund in den Grundfarben Blau, Geld und Rot gelegt. Der namensgebende weiße Punkt in der rechten oberen Ecke ist von einer schwarzen Corona umrahmt.
„Komposition“ benannte Kandinsky damals fast alle seine Bilder aus der Zeit. Er sah sie als seine Hauptwerke an. Der Maler unterrichtete am Bauhaus in Weimar und setzte sich auch intensiv mit der Kunsttheorie auseinander. Er schrieb „Über das Geistige in der Kunst“ und über „Punkt und Linie zu Fläche“.
Kunsthalle Hamburg: „Der Punkt ist Urelement"
Er setzte sich intensiv mit der Musikalisierung des bildnerischen Materials auseinander. Besonders der Punkt hatte es ihm angetan. Er sagte: „Der Punkt ist Urelement, Befruchtung der leeren Fläche.“ Kandinskys Werke der 1920er-Jahre zählt man zu seiner „romantischen Periode“. Sie werden von Kreisen bestimmt. Kosmos, Mathematik und Transzendentales interessierten ihn.
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Im Spätwerk, der „barocken Phase“, ersetzte er die strengen geometrischen Formen durch zoomorphe Motive in schönen Farbkompositionen. Kandinsky gilt mit seinen Bildern und Schriften als Wegbereiter der Abstraktion, ohne die die Kunst heute undenkbar wäre.