Hamburg. Kai Wessel und Katharina Rinderle widmen Roger und Eugen Cicero einen berührenden Dokumentarfilm. Über ihre besondere Beziehung.

„Ich habe schon so viel Verrücktes in meinem Leben getan, und nichts davon möchte ich über Bord werfen, denn es hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich bereue nichts. Dennoch ist es nun an der Zeit, neue Wege zu gehen“, sagte Roger Cicero 2014 in seinem letzten Interview mit dem Abendblatt. Mit dem Pop-Album „Was immer auch kommt“, einer Sinatra-Tournee und der Roger Cicero Jazz Experience ließ er den – erfolgreichen – Swing-Pop-Macho der Vorjahre hinter sich.

Zwar musste seine Tour im November 2015 nach einem Erschöpfungssyndrom mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung unterbrochen werden, aber am 18. März 2016 sang er in der „Abendschau“ des Bayerischen Rundfunks: „The Best Is Yet To Come“. Das Beste kommt noch. Am nächsten Tag jedoch wurde Roger Cicero ins Krankenhaus gefahren. Hirninfarkt. Eine Woche später starb er in seiner Heimatstadt Hamburg im Alter von nur 45 Jahren.

Kino Hamburg: Vater-Sohn-Beziehung im Mittelpunkt

Vieles, was Roger Ciceros Leben bestimmte, wurde ihm von seinem Vater Eugen mitgegeben, auch der zu frühe Tod. Der Exil-Rumäne Eugen, 1997 mit 57 Jahren gestorben, war ein renommierter Jazz-Pianist, Rogers Mutter Lili ­Cziczeo Tänzerin. Musik war überall.

Auch in der Dokumentation „Cicero – zwei Leben, eine Bühne“ von Kai Wessel („Hilde“) und Katharina Rinderle steht diese besondere Vater-Sohn-Beziehung im Mittelpunkt. Obwohl Roger schon als Baby Weltstar Josephine Baker in den Ausschnitt spuckte, interessierte ihn die Musik erst als Teenager. Wobei nicht Swing und Klassik am Klavier, sondern Singen sein Ding war.

„Was soll das Gesinge, du brauchst ein Instrument"

„Was soll das Gesinge, du brauchst ein Instrument, die Stimme ist immer nur Beiwerk“, mahnte Vater Eugen, und Roger studierte außer Gesang auch Klavier und Gitarre am Hohner-Konservatorium in Trossingen, im Bundesjugendjazzorchester und an der Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten in Hilversum. Dort war der Hamburger Piano-Entertainer Joja Wendt sein Kommilitone.

Joja Wendt und viele weitere Wegbegleiter erinnern sich in „Cicero – zwei Leben, eine Bühne“ so gern wie wehmütig an ihren Freund und Wegbegleiter. Johannes Oerding ist dabei, der nach Hamburg zog und seine Karriere begann, nachdem er hier Roger mit der Band Soulounge live erlebt hatte. Auch Till Brönner, Charly Antolini, Fleurine Mehldau, Rogers Halbschwester Christiana Cicero, Ulita Knaus, Gregor Meyle, und Hervé Jeanne zeichnen ein Bild von Eugen und Roger, die für mehr standen, als es der Öffentlichkeit bewusst war.

Eugen Cicero gab schon als Kind Konzerte

Eugen Cicero gab schon als Sechsjähriger Mozart-Klavierkonzerte mit dem Sinfonieorchester seiner Geburtsstadt Klausenburg. Bei einer Konzertreise nach Ost-Berlin überwand er Anfang der 1960er den Eisernen Vorhang und machte sich sowohl in Klassik- als auch Jazz-Kreisen einen Namen – am liebsten in West-Berlin, wo später auch Roger geboren wurde.

Eugens mühelose Improvisationskunst quer durch die Jahrhunderte – gern in einem Stück – brachten ihn an die Seite von Legenden wie Ella Fitzgerald und Shirley Bassey sowie an die Tasten der angesagtesten Bigbands und Rundfunkorchester. Aber wie sein Sohn erlag er den Folgen eines Hirninfarkts.

Kino Hamburg: Roger Cicero wurde von vielen unterschätzt

Roger ging ein gutes Stück Weg auf den Eugens Spuren, vom RIAS-Tanzorchester bis zum Eugen-Cicero-Trio, aber der Erfolg kam erst 2006 mit dem Platin-Album „Männersachen“. Nicht wenige unterschätzten Roger nach mundgerechten Liedern wie dem ESC-Flop „Frauen regier’n die Welt“ (2007), die auch seine Jazz-Projekte lange überstrahlen sollten.

Dabei liebten sowohl Eugen als auch Roger Cicero einfach nur das Spiel mit den Grenzen zwischen Ernst und Unterhaltung. So wie im Lied, das Roger für seinen Vater sang: „Ich hätt’ so gern noch Tschüss gesagt“.

„Cicero – zwei Leben, eine Bühne“ab 24.3. im Abaton, Blankeneser, Koralle, Astor