Hamburg. Arbeiten von Andrzej Steinbach und Ludwig Schönherr setzen sich fotografisch mit der Wirkung von Bildern auseinander. Die Hintergründe.

Um Fotografie und ihr Wirklichkeitsversprechen geht es in Andrzej Steinbachs erster großer Einzelausstellung in Deutschland mit dem Titel „Modelle und Verfahren“. Der aus Polen stammende Steinbach, Jahrgang 1983, wird von der Hamburger Galeristin Elena Conradi vertreten.

Er begreift das Medium Fotografie nicht mehr nur als Abbild der Realität, sondern setzt stark auf Inszenierung. So wirken seine Bilder, die sich verschiedenen Genres des Mediums bedienen, auf den ersten Blick wie Werbetafeln oder Magazinseiten, doch spielt er nur mit dieser vertrauten Ästhetik und fordert auf diese Weise heraus, die eigene Wahrnehmung zu schärfen und zu hinterfragen.

Ausstellung Hamburg: Architektur bewusst unfertig

In der Serie „Figur /“ porträtiert Steinbach eine Person vor gleichbleibend schwarz-weißem Hintergrund, die in ihren Posen und Haltungen variiert, mal in Bauarbeitermontur, mal im Kapuzenpullover. Die Bilder dienen als Projektionsfläche für Fragen rund um Konstrukte von Weiblichkeit und Männlichkeit.

Die Serie „Auto Erotik“, die der Fotograf eigens für den Kunstverein produziert hat, sowie die Soundinstallation „A Springboard to your Future“ und die Videoinstallation „300 Nails“ ergänzen diese Arbeit. Die Ausstellung, die von Bettina Steinbrügge im oberen Bereich des Kunstvereins kuratiert wurde, wird in einer bewusst rau und unfertig gehaltenen Architektur präsentiert, womit das Feinstoffliche von Steinbachs Arbeit noch stärker heraustritt.

Fernsehen zwischen Bildung und „Verblödung“

Unten wird dem Langzeitprojekt des Hamburger Künstlers Ludwig Schönherr (1935-2016) Raum gegeben. Das Hereinstürzen von Bildern durch Fernsehen, Werbung und Soziale Medien beschäftigten Schönherr: Wie kann dieser nicht abreißende Strom von Eindrücken verlangsamt und begriffen werden? Wie lässt sich darin eine für den Menschen verständliche Logik, ein größerer Zusammenhang, erkennen? Über Jahre setzte sich der Künstler mit der Rolle des Fernsehens im Alltag – zwischen Bildung und „Verblödung“ – auseinander.

Für eine Feldstudie nahm er 1978 in Hamburg und New York jeden Tag eine Bildrolle von ausgewählten Fernsehbildern auf. Diese Bilder arrangierte Schönherr in geometrischer Struktur auf Kontaktbögen und ließ sie anschließend auf 50 mal 60 Zentimeter vergrößern, was dieser Serie eine fast musikalische Dynamik verleiht. In Zusammenarbeit mit dem Zoom-Ludwig Schönherr Labor in Berlin zeigt der Kunstverein erstmals alle 365 Kontaktbögen, die in die Arbeit „Bilderinflation“ flossen. Heraus gekommen ist ein einzigartiges medien- und kunsthistorisches Archiv dieser Zeit.

„Andrzej Steinbach – Modelle und Verfahren“ bis 12.6., „Ludwig Schönherr – Bilderinflation“ bis 1.5., Kunstverein in Hamburg (U Steinstraße), Klosterwall 23, Di-So 12.00-18.00, Eintritt 5,-/3,- (erm.), www.kunstverein.de