Hamburg. Karoline Herfurths dritte Regie-Arbeit ist wieder mit Stars besetzt, so komisch wie seine Vorgänger, aber reifer und tiefer.

Sie sind jung, schön und selbstbewusst, die Models, die da gleich anfangs für die neue Kosmetik-Linie „Perfectly Strong“ posieren. „Wir sind einfach wir selbst“, lachen sie in die Kamera. „Wir machen unsere eigenen Regeln. Uns ist egal, was die anderen über uns denken.“ Dazwischen aber sehen wir Sonja (Karoline Herfurth), eine überforderte Mutter, die beim Milchabpumpen einschläft. Wir sehen Frauke (Martina Gedeck), eine Endfünfzigerin, die sich traurig im Spiegel beäugt und am Trott ihrer Ehe leidet. Wir sehen Vicky (Nora Tschirner), eine emanzipierte Lehrerin, die aber vor jeder möglichen Beziehung Reißaus nimmt, um nicht in die Ehefalle zu tappen. Und wir sehen Leyla (Dilara Aylin Ziem), eine Schülerin, die sich wegen Übergewichts ausgeschlossen fühlt.

Fünf Frauen hadern mit ihrem Selbstbild

Ganz normale Durchschnittsfrauen, die, jede auf ihre Art, unter dem Schönheits- und Selbstoptimierungswahn der Gesellschaft leiden. Und dauernd an den Postern der Beauty-Kampagne vorbeilaufen müssen. Ein Trost ist da dieser Film, der diesen Zwängen und dem Body Shaming den Kampf ansagt. Und in dem wir noch eine andere Frau sehen, Julie (Emilia Schüle), eins der Models, das eben nicht so stark und perfekt ist, wie sie tut. Die dafür hart trainieren und hungern muss, die Abführ- und Aufputschmittel nimmt, um dem Druck standzuhalten, und am meisten zerbricht am Beauty-Wahn.

Fünf Frauen unterschiedlichen Alters, die mit ihrem Selbstbild hadern und mit den Ansprüchen, die andere, vor allem aber sie selbst an sich stellen. Fünf Frauen, die alle befreundet, verwandt und verstrickt sind, was aber erst im Lauf des Films herauskommt. Mit ihnen stellt dieser Episodenfilm ein ganzes Kaleidoskop auf, was grundlegend schief läuft in der Selbstwahrnehmung der modernen Frau.

Herfurth treibt ein Thema um, unter dem so viele leiden

„Wunderschön“, Karoline Herfurths dritter Regiefilm, ist so herrlich komisch wie seine Vorgänger, aber doch reifer und tiefer. Weil sie und ihr Ko-Star Tschirner, mit der sie den Film entwickelt hat, ein Thema umtreibt, unter dem so viele leiden. Kein Wunder, dass Tschirners Figur eine Lehrerin ist, die ihre Schüler über Rollenzwänge aufklärt und ihnen Selbstwertgefühl vermitteln will. Leyla, die ihre Minderwertigkeitskomplexe mit Baseball bekämpft, ist eine ihrer Zöglinge.

Sonja ist ihre beste Freundin, hat aber nichts von deren Selbstbewusstsein. Wie immer liefert Herfurth ihre Figur am meisten aus, wenn sie sich nur noch „fett und hässlich“ findet, während ihr Mann Milan (Friedrich Mücke) Karriere macht. Der wiederum ist der Bruder von Julie, und Frauke deren Mutter, die aus Angst, das Leben könnte schon vorbei sein, eine letzte kleine Flucht wagt: mit einem Tanzkurs. Während ausgerechnet die Schönste von allen, Julie, irgendwann in einen Müllcontainer steigt, weil sie sich reif für die Tonne fühlt.

Die Klaviatur der Emotionen wird erneut souverän bedient

Herfurth, das hat sie wiederholt bewiesen, erst als Schauspielerin, dann auch als Regisseurin und Drehbuchautorin, ist eine Meisterin der Komödie. Auch in „Wunderschön“ weiß sie die Klaviatur der Emotionen souverän zu bedienen und ihr Star-Ensemble virtuos zu führen.

Dabei arbeitet sie erneut mit Tschirner und Mücke zusammen, wie schon in ihrem Debütfilm „SMS für Dich“. Ja, das Paar, das Herfurth und Mücke geben, hat zwar andere Namen und Berufe, könnte aber jenes Duo sein, das sich in „SMS“ gefunden hat und nach dem Happy End nun im unromantischen Alltag feststeckt.

Es gibt rasend komische, aber auch sehr berührende Momente. Eine Achterbahn der Gefühle, bei der man lacht und heult, sich bestens unterhält und auch ins Grübeln kommt. Danach wird man sein Selbstbild vielleicht nicht mehr nur über die äußere Erscheinung definieren. Dann hat man schon was mitgenommen. Das wäre – schön.

„Wunderschön“, Drama/D, 132 min., läuft in den UCI- und den Cinemaxx-Kinos, in der Astor-Filmlounge und der Koralle, im Blankeneser Kino, im Hansa-Kino und im Zeise