Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: Philipp Otto Runge „Der Morgen“.
Vor einigen Wochen haben wir schon einmal ein Bild von Philipp Otto Runge (1777-1810) vorgestellt, der neben Caspar David Friedrich zu den bedeutendsten Malern der deutschen Romantik zählt. Wenn man „Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von 1805/06 mit diesem Bild, „Der Morgen“ (1808), vergleicht, mag man kaum glauben, dass es sich um denselben Maler handelt, so unterschiedlich sind Thema und Stil.
Auffallend ist die Symmetrie der Komposition. Ein neugeborenes Kind liegt nackt auf dem Boden. Unter dem Morgenstern am oberen Bildrand steht eine nackte Frau: Aurora. Sie verkörpert die Morgenröte, den Anfang aller Dinge, das Leben, die Welt. Aurora steht für Venus, für Eva, also den Anfang des Lebens, aber auch für Gottesmutter Jesus. Eingerahmt ist das innere Bild von einer Arabeske, mit der er die christliche Aussage des Bildes unterstützen wollte.
Kunsthalle Hamburg: Runge wollte Verbindungen ziehen
Runge hat versucht der christlichen Kunst neue Impulse zu geben. Der in Wolgast geborene und in Hamburg gestorbene Künstler wollte einen Zyklus über die Tageszeiten gestalten. Darin wollte er die vier Tages- und Jahreszeiten miteinander verbinden und die Natur-, Menschheits- und Religionsgeschichte miteinander in Beziehung setzen.
- Die Weisen aus dem Morgenland und das Jesuskind
- Hamburg gibt Millionen-Bronzen nach Nigeria zurück
- Vorschau 2022: Wie die Kunsthalle die Gegenwart feiert
1802 begann er mit den Vorarbeiten. Dieses Bild war das einzige, das er beenden konnte. Der Autor Ludwig Tieck, der ebenfalls ein Gedicht über den „Morgen“ geschrieben hat, beeinflusste ihn ebenso wie der Philosoph Johann Gottlieb Fichte. Goethe hängte sich eines der Bilder, das er von Runge geschenkt bekommen hatte, in seinem Haus in Weimar auf.
„Der Morgen“: Zeichnung in der Kunsthalle
Die Kunsthalle ist im Besitz einer 1808 entstandenen Konstruktionszeichnung zu „Der Morgen“. Runge, der auch eine Farbtheorie geschaffen hat, kommentierte gern seine Kunst auf mystifizierende Weise. Über den „Morgen“ sagte er: „Er ist die gränzenlose Erleuchtung des Universums.“ Im Jahr nach dem Bild, das auch der „kleine Morgen“ heißt, begann Runge mit der Arbeit am großformatigen „großen Morgen“. Er ist im Kupferstichkabinett zu sehen. Der Maler konnte es nicht mehr vollenden.