Hamburg. Anfang Dezember ließ Kunsthallen-Direktor Alexander Klar das Bild „Büttner geht von Bord“ abhängen. Was dem Maler vorgeworfen wird.

Am Donnerstag, den 2. Dezember, musste alles ganz schnell gehen: Kunsthallen-Direktor Alexander Klar ließ das Bild „Büttner geht von Bord“ abhängen und für den Abtransport präparieren. Es ist das zentrale Werk in der Abschiedsausstellung des Malers Werner Büttner „Last Lecture Show“ in der Galerie der Gegenwart. Am 14. Oktober war die Ausstellung eröffnet worden, das betreffende Bild mannigfach in Zeitungen veröffentlicht. Es zeigt den Maler, wie er die Treppe der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfbK), wo Büttner lange Zeit als Lehrender tätig wär, eine Treppe hinabsteigt. Nun darf das Bild nie wieder öffentlich ausgestellt werden. Anwaltlich verfügt. Statt dessen hängt an der Stelle das Werk „Worstward Ho!“, das zwei Kinder in einem Waschzuber zeigt.

„Ich war sehr überrascht“, sagt Alexander Klar. „Werner Büttner rief mich an und sagte, es gebe einen drohenden juristischen Fall, wir müssten das Bild sofort aus dem Verkehr ziehen. Ich dachte mir: Wenn sich der Künstler dazu entschließt, dann machen wir das.“ Hinter diesem bemerkenswerten Vorgang steht ein ebenso bemerkenswerter Disput: Büttners ehemalige Schülerin, die Hamburger Künstlerin Men Ying, wirft dem Maler Plagiat vor; er habe, so ihr Mann Martin Löffke, ebenfalls ehemaliger HfbK-Student, ein Bild kopiert, das Men Ying ihm zum Abschied geschenkt hatte. Hierbei handelt es sich um einen Scherenschnitt aus Papier, das die Malerfigur in gebückter Haltung zeigt. Büttner hat tatsächlich das Motiv dieses geschenkten Bildes verwendet und großformatig in Öl auf Leinwand nachempfunden.

Plagiatsvorwurf: Hamburger Kunsthalle hängt Bild ab

„Wir reden hier nicht nur von Malerei, sondern von Konzeptkunst“, so Klar. „Wer durch die Ausstellung geht, der sieht, dass das wesentliche Arbeitselement von Werner Büttner die Aneignung von Motiven ist, die bereits existent sind. Ob er aus Zeitungen zitiert, aus der Wirklichkeit oder andere Künstler. Auch der Titel des Bildes ist einer Karikatur mit dem Titel „Der Lotse geht von Bord“ entlehnt.

Kritisieren kann man, dass Büttner, wenn er große Namen nennt, damit gerne protzt und die kleinen Namen verschweigt. Dennoch bin ich sehr verdutzt, dass ausgerechnet ehemalige Studenten sich darüber aufregen. Denn sie sollten ihren Lehrer und seine Arbeitsweise besser kennen.“

Büttner will das betroffene Bild nun übermalen

Außerdem sei Aneignung auch bei anderen Künstlern gängige Praxis. Etwa bei Edouard Manet, der mit „Frühstück im Freien“ eine Figurenanordnung eines Stiches von Marcantonio Raimondi exakt übernommen habe. Auch Manets „Olympia“ sei in ihrer Anlage eine direkte Ableitung von Tizians „Venus von Urbino“. Die US-Künstlerin Elaine Sturtevant (1924-2014) kopierte bin ins Kleinste die Technik anderer Maler und setze am Ende nur ihren Namen darunter. „Büttners Werk ist definitiv keine Kopie, sondern eine Aneignung. Und das ist durchaus legitim. Es wäre nett gewesen, wenn er dazu geschrieben hätte, woher das Motiv stammt. Aber wem hätte das etwas genützt? Letztlich aber war ihr Bild ein Geschenk. Und ein Geschenk kann man natürlich für sein eigenes Werk nutzen.“

Laut „Zeit Online“ hat das Ehepaar gefordert, den Scherenschnitt in der Ausstellung neben das Bild „Büttner geht von Bord“ zu hängen und vom Verkaufserlös die Hälfte zu bekommen. Büttner selbst hat die Vorwürfe zurückgewiesen und sich entschlossen, nicht auf die Forderungen einzugehen, sondern den Rechtsstreit zu beenden. Man hätte eine einvernehmliche Lösung finden können, eine Kommentierung oder ein Streitgespräch zwischen Büttner und Ying in der Kunsthalle. So aber ist das Kind in den Brunnen gefallen. Werner Büttner hat angekündigt, „Büttner geht von Bord“ zu übermalen. Damit ist die Sache – zumindest für den Künstler – aus der Welt.