Hamburg. Ausstellungshaus präsentiert sein Programm für 2022, im Zentrum die 8. Triennale der Photographie, die am 20. Mai starten wird.
„Don’t Look Back In Anger“ – dieser Oasis-Titel hätte gut gepasst als Begleitmusik zur Jahrespressekonferenz der Deichtorhallen. Dirk Luckow, der sich und seinen Partner, den geschäftsführenden Direktor Bert Antonius Kaufmann, als „professionelle Optimisten“ bezeichnete, stellte den anwesenden Journalisten im Phoxxi (der bunte Würfel auf dem Vorplatz) das Programm für das kommende Jahr vor und erwähnte dabei nur kurz, dass „ein schwieriges Jahr“ hinter ihnen läge.
Eins, das durch den Tod ihres Gründungsdirektors und langjährigen Vorstandsmitglieds F. C. Gundlach geprägt sei. Die „großartige Resonanz auf sein fulminantes Schaffen“ habe ihn aber sehr beeindruckt, sagte der Intendant und versprach: „Wir werden uns viel Mühe geben mit dem Umbau des Hauses der Photographie, wo Gundlachs Sammlung untergebracht werden wird. Vielleicht guckt er ja von oben dabei zu.“
2021 sei auch ein Jahr, das durchaus mit großen Ausstellungsprojekten wie Katharina Sieverding, William Kentridge, Family Affairs und Tom Sachs’ „Space Program“ aufwarten konnte, so Luckow weiter; letzteres werde, wenn alles weiter so gut läuft wie bisher, bis zum Abbau am 10. April an die 50.000 Besucher erzielt haben. Von den 280.000 Besuchern 2020 sei man allerdings weit entfernt. Doch nur zurückzublicken sei ihre Sache nicht, schon gar nicht im Argen.
Fotografie als Rahmen für erfundenes Erzählen
Dann doch lieber „Gute Aussichten 2020/2021“ präsentieren: Mit den Preisträgerinnen und Preisträgern des renommierten Nachwuchspreises für Fotografie-Absolventen startet Phoxxi Haus der Photographie temporär am 11. Februar ins neue Jahr. Die Ausgewählten zeigen in ihren Arbeiten das Schöne, Schäbige, Schwankende.
Nach einer kurzen Atempause wird dann was ganz Großes auf die Deichtorhallen und überhaupt auf Hamburg zurollen: Die 8. Triennale der Photographie, eigentlich schon für 2021 geplant, aber wegen Corona verschoben, startet am 20. Mai und wird Museen und Ausstellungsorte über die ganze Stadt verteilt mit spektakulären Themen und Perspektiven unter dem Motto „Currency“ (Währung, aber auch Zeitnähe) bespielen.
Drei von den zwölf Ausstellungen werden allein von den Deichtorhallen bestritten: In der Halle für aktuelle Kunst wird die international kuratierte Gruppenausstellung „Currency: Photography Beyond Capture“ gezeigt, die Fotografie nicht als Dokument von Essenz oder Wahrheitsfindung sieht, sondern zunehmend als Rahmen für erzählerische Erfindungen. In „Behind The Scenes“ setzt sich der Fotograf Christoph Irrgang im Phoxxi mit der Sammlung F. C. Gundlachs auseinander. Im zweiten Teil gibt Kuratorin Sabine Schnakenberg den Photonews-Redakteuren Anna Gripp und Denis Brudna Raum für deren Eindrücke auf der weltgrößten Börse des Mediums, der Paris Photo.
Modefotografin setzt unglamouröse Orte in Szene
Die Sammlung Falckenberg widmet der Mode- und Werbefotografin Charlotte March (1929-2005) eine große Retrospektive. Die Sammlung, die den etwa 30.000 Aufnahmen umfassenden Nachlass der Künstlerin beherbergt, offenbart eine ihrer weniger bekannten Seiten: Porträts unglamouröser Orte, ihren Blick auf Menschen am Rande der Gesellschaft. Am 10. September schließt sich dort das Arbeitsstipendium für bildende Kunst der freien und Hansestadt Hamburg an. 20 junge Kreative aus den Abschlussjahrgängen 2020/21 zeigen ihre aktuellen Arbeiten, darunter Paul Spengemann, Alexandra Hojenski, Carlos Leon Zamprano und Simon Hehemann.
Den Herbst auf dem Deichtorplatz läuten die jungen Künstler Paul Mpagi Sepuya, Alix Marie und Jason Ebeyer mit ihrer Ausstellung über den menschlichen Körper, Sexualität und fließende Geschlechtergrenzen ein (ab 9. September, Phoxxi, kuratiert von Ingo Taubhorn).
- Direktorin Barbara Plankensteiner verlängert am MARKK
- Vom Bilderboom bei Kaiser August bis zur Minimal Art
- Der Künstler, der den Winter verehrte
Ein absolutes Novum ist die Kooperation der Deichtorhallen mit der Sharjah Art Foundation; das Emirat veranstaltet schon seit Mitte der 1990er-Jahren eine eigene Biennale. Erstmals stellt die Foundation Kunst aus dem arabischen Raum zwischen 1960 und heute in Deutschland aus, darunter ist die diesjährige Lichtwark-Preisträgerin Etel Adnan, die am 14. November dieses Jahres verstarb. Ihr Buch „Im Herzen eines anderen Landes“ lieferte den Titel zur Ausstellung („In The Heart Of Another Country“, ab 28. Oktober, Haus für aktuelle Kunst).
„Gepresst gedrückt gequetscht. Dieter Roth und die Druckgraphik“ beschließt mit mehr als 1000 Werken von Landschaftsbildern über Stillleben bis zu Selbstbildnissen in der Sammlung Falckenberg dieses vielversprechende Ausstellungsjahr, das Fotografie in ihrer ganzen Kraft zeigt.
Infos: www.deichtorhallen.de